[berlin / 02.11.2019] berghain: klubnacht

voraussichtlich der erste von zwei november-terminen. mir fehlt in meiner 22-jährigen club-karriere aber tatsächlich noch chris liebing auf der liste derjenigen, die ich gesehen haben wollte. mit steve bicknell solo hat es bislang auch nicht geklappt, da kommen rolando und herr vynehall obendrauf noch sehr gelegen.

klubnacht

berghain
00h00 barker
04h00 karenn live
05h30 ben sims
08h30 steve bicknell
12h30 stefan goldmann
16h30 azf
19h30 rolando
22h30 chris liebing
02h30 ben klock

panorama bar
00h00 jonny rock
04h00 oceanic
08h00 orpheu the wizard
12h00 leon vynehall
15h00 david elimelech
19h00 virginia
23h00 heidi lawden
02h00 avalon emerson

eintritt
18 euro
5 euro bei wiedereintritt

nachbetrachtung
rein / raus: 11 uhr / 1 uhr und alles in allem grundsolider durchschnitt.

steve bicknell wirkte auf mich irgendwie unmotiviert. meistens sicherheitsübergänge über acht takte. hat aber die leute mit hits wie „mixtion“ von uvb oder „french kiss“ gut bei laune gehalten. sonst fielen „re-20 (bas mooy rework)“ (original von marla singer) oder „drome“ von kusp positiv auf.

leon vynehall hatte harte konkurrenz mit stefan goldmann gleichzeitig unten. er bleibt mit seiner mutigen und vielfältigen auswahl dennoch mein favorit des sonntags.
letztgenannter kam einer etage tiefer meiner vorstellung eines musikalisch entspannten, dennoch anspruchsvollen sonntagnachmittags ziemlich entgegen. brach zwar kaum aus dem kontext der 4/4-kick aus (und bei den für mich interessanten tracks bemühte ich shazam zumeist vergebens), aber spielte nicht zu fordernd für den nachmittag und setzte einzelne akzente mit härteren tracks. darunter „whip it good“, was für meine begriffe einer der besten tracks von planetary assault systems seit langer zeit ist (der im weiteren verlauf des abends noch bei rolando und herrn liebing lief – nicht, dass sich hier ein hit herauskristallisiert). sonst noch erkannt: „dystopian lotus“ von sp-x. kann gerne wiederkommen, wenn es nach mir ginge.

david elimelech: letztes jahr mal im block in tel aviv mit bereits guter auswahl, aber im set etwas zerfahren. war dieses mal schlüssiger, eher auf oldschool-ästhetik bedacht. darunter „r-theme“ von derrick may oder „give me the“ von paranoid london.

azf ist meine heimliche favoritin unten, hat den beiden herren nach ihr für meine begriffe etwas die show gestohlen. musikalisch absolut keine neuerfindung des rades, vielmehr schnurstracks geradeaus bzw. kompromisslos bretternd. klar muss mensch für sowas in der laune sein, aber sie lag mit ihrer linie goldrichtig, an der resonanz des publikums gemessen. wäre für mich durchaus ein grund, gezielt wegen ihr hinzugehen.
rolando zuverlässig funky wie eh und je. war nach der breitseite von azf auch ok, die stimmung erstmal wieder etwas abzukühlen, hätte sich aber auch trauen können, in der zweiten hälfte einen gang zuzulegen. mag aber auch meine laune gewesen sein.
virginia bekam ich oben nur punktuell mit – solide. „panciuss“ von allen & filix aufgeschnappt.

chris liebing: nun ja, immerhin kann ich jetzt einen haken dahinter machen, ihn mal gesehen zu haben. vom hocker gerissen hat es mich aber absolut nicht. ich gönne ihm ja die seit jahrzehnten konstante beliebtheit, aber inhaltlich war das für mich so statisch, dass mein interesse an den einzelnen tracks ziemlich schnell erloschen ist, weil alles so austauschbar war.

füllgrad ab 17/18 uhr schon auf klassischem sonntagsniveau, es spielte also auch noch mit herein, dass eher die ränder der tanzfläche für mich angenehm waren anstatt die mitte.

positiv aufgefallen:

  • keine*r der djs unten wollte die beleuchtung durch die roten lichter oberhalb des pultes eingeschaltet haben. so waren die nur beim ende von rolandos set aktiv, als der technik-fuhrpark von herrn liebing verkabelt werden musste.
  • die kleine abstellfläche auf schulterhöhe an der fensterfront bei der berghain-bar hat nun eine begrenzung am vorderen ende. keine ahnung, ob mir das erst zu dem zeitpunkt aufgefallen ist oder es da relativ frisch war. wie auch immer: als es die noch nicht gab, fielen gerne mal flaschen herunter, aber das ist damit passé.


trackauswahl:
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[berlin / 02.03.2019] berghain: klubnacht

der letzte akt bis april. von den bisherigen war aber tatsächlich jeder auf seine weise anders und gut. bei diesem ist der primäre grund leon vynehall, der mit „nothing is still“ eines der besten alben des letzten jahres und gleich nebenbei auch eine stilübergreifende, zugleich nicht zerfasernde dj-kicks veröffentlicht hat. auch eine sternstunde der reihe. ist schon jahre her, dass ich ihn an ort und stelle gehört habe, da passt das mit dem restlichen angebot sehr gut.

klubnacht

berghain
00h00 marcel dettmann
04h00 mathew jonson live
05h00 anetha
09h00 juho kusti
13h00 joel mull
17h00 kangding ray
21h00 blawan
01h00 dasha rush

panorama bar
00h00 richard zepezauer
04h00 davis
07h00 dinky
11h00 l.b. dub corp
14h00 leon vynehall
18h00 gonno
22h00 oracy
02h00 nick höppner

eintritt
18 euro

nachbetrachtung und nachruf
diese klubnacht stand ab samstagabend unter ganz schlechten vorzeichen und dies wird sich erst im laufe der zeit umkehren. unter objektiven gesichtspunkten war der sonntag eine woche zuvor aber einen tick besser, glaube ich. aber der reihe nach.

m. lernte ich aus restrealen zusammenhängen vor ein paar jahren in der panorama bar kennen, nachdem man sich im forumzusammenhang gegenseitig bereits gelesen hatte. er war glühender anhänger von house sowie disco und bei klubnächten nur im berghain zu sehen, um eine etage höher zu gelangen – so seine eigenaussage. ein mann mit scharfsinn, praktisch veranlagt obendrein und stets seine einladung zum gemeinsamen essen oder grillen erneuernd, was aber nie geklappt hat. im gegenzug war er ein paar male zu besuch, als wir wg-technisch zum stelldichein geladen hatten.
konsequent in seiner wahl der t-shirts mit wolfgang petry, baywatch oder alf als motiv. meistens in der panorama bar vorne auf der tanzfläche beim dj-pult durchgeschwitzt mit einer flasche wasser in der hand zu sehen, die er bereitwilligst teilte. kein nerd in puncto trackanalysen (das prädikat behielt er leuten wie meiner wenigkeit vor), aber geschmackssicher. immer auf der matte, wenn gerd janson spielte, auf ihn gehen die tipps mit rahaan und josh cheon zurück.
privates deutete er lediglich an, ließ aber keine zweifel daran, dass party und wochenende für ihn mit abstand vom alltags- und sonstigen stress nun priorität haben. ich beneidete ihn ein wenig für seine unkomplizierte art, mit leuten ins gespräch zu kommen.

am samstagabend erfuhr ich nun in diesen restrealen zusammenhängen, dass er nicht mehr unter uns weilt. bevor ich am sonntag losging, bestätigte sich das, was ich bereits bei den letzten malen vermutete, wo wir uns gesehen hatten.
er hinterlässt eine tochter. und bei mir den vorsatz, bei dem es mir umso mehr ein bedürfnis ist, ihn weiterzugeben: wenn euch anzeichen von depressionen bei leuten in eurem umfeld auffallen (egal, wie nahe man sich steht), fragt lieber ein-, besser zweimal zuviel nach. bietet an, gegebenenfalls da zu sein. definiert zugleich auch grenzen. zeigt möglichkeiten auf und übt sanften druck auf die betroffenen aus, dass diesen auch nachgegangen wird.
all das habe ich in seinem fall nicht getan. zu stark war der eindruck desjenigen, der alles im griff hat. dabei hätte ich wahrscheinlich nur einmal so scharfsinnig nachhaken sollen wie er es beim auseinandernehmen politischer argumentationen tat. es ist umso trauriger (aber zugegeben auch für mich beruhigender) zu wissen, dass selbst leute, die ihm näher standen als ich, in diesem fall auch nichts verhindern konnten.
was eine eventuelle lücke in den vorderen reihen beim dj-pult in der panorama bar angeht: um die wird man sich wegen des standard-füllgrades am sonntag keine sorgen machen müssen. aber das wissen, dass die discofaust aus einer dieser lücken von nun an nicht nur mal nicht da ist, sondern permanent fehlen wird, hat mir zum zweiten mal in meinem clubleben die tränen in die augen getrieben (zum ersten mal bei der tresor-schließung anno 2005). es war bei oracy, der letztes jahr mit das für ihn beste set in der panorama bar gespielt hatte und dieses mal mit romanthonys „wanderer“ als erstem track für mich intuitiv goldrichtig lag. habe mich in dem augenblick einfach für’s loslassen entschieden und war auch erleichtert, dass ich es zulassen konnte. die discofaust reckte ich später stellvertretend in die luft. werde ich auch zukünftig, ist für mich ein schönes gedenken.

r.i.p. m.

und sonst so?
leon vynehall war nicht so wagemutig wie auf seiner dj-kicks, dennoch stilübergreifend aktiv, gerne auf breakbeats zurückgreifend und für die spielzeit sehr angemessen.
trackauswahl:
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gleiches (also was das angemessene betrifft) gilt auch für joel mull eine etage tiefer. nur so richtig die letzte halbe stunde mitbekommen, zuvor blieb „the myth“ von jay denham positiv in erinnerung.
sonst trieb ich mich im berghain kaum herum. kangding ray war zwar aus einem guss wie immer, aber mir war irgendwie nicht danach. und bei blawan stellte sich die für das berghain übliche sonntagabendfülle ein. hab’s zwar kurz versucht, dann aber aufgegeben. oben war das weniger ein problem.

gonnos letzter track eines ziemlich discohouse-lastigen sets war „believing“ von portable. oracy begann nach ihm ganz schön fordernd, schloss mit pianolastigem vocalhouse. die kombination aus „controversy“ von prince mit „da funk“ von daft punk muss ich mir mal merken.
restliche trackauswahl:
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