[barcelona / 29.03.2025] laut: selectors

anika kunst hat im berghain bereits ihr können unter beweis gestellt, hier nun auf heimischem boden, flankiert von einem veteran. und ein intimer rahmen noch dazu.

selectors
anika kunst
ben sims

start: 23:59 uhr
ende: 05:00 uhr

nachbetrachtung

rein: 0:30 uhr
raus: 4:30 uhr, wobei das nach sommerzeit ist. es waren also netto drei stunden.

kurzfazit voran: eine kleine, nach außen hin unscheinbare keimzelle für techno (zumindest am wochenende) mit gutem sound und passender ästhetik. mensch muss sich halt vorab mit dem line-up beschäftigen, da es „nur“ den einen floor gibt. anika kunst für mich abwechslungsreicher als ben sims, der jedoch schlicht und ergreifend abgeliefert hat.

ansonsten wird’s schwierig, das nitsa nicht ständig als vergleich heranzuziehen. inhaltlich habe ich mich dort in der nacht zuvor besser aufgehoben gefühlt, allerdings war mir auch vorab klar, was mich bei ben sims erwartet. grundsätzlich ist das laut der für mich wesentlich sympathischere club. genauso wie das nitsa zwar kein grund, extra deswegen nach barcelona zu fliegen, aber wenn ich das nächste mal an einem wochenende hier bin, würde ich wieder hin.
nach außen hin sehr unprätentiös. ich war aber auch wieder zu früh da – kurz nach mitternacht war noch nicht geöffnet, kurz vor 0:30 uhr hingegen schon. draußen kein schild, keine leuchtreklame, lediglich eine geöffnete tür mit security davor lässt darauf schließen, dass hier ein club ist. schon mal sympathisch.
die schlange beginnt dann drinnen im gang vor der kasse, was den lärm von der straße minimiert – clever gelöst, da der club mitten in einem wohngebiet liegt. die wartezeit lässt einem genügend zeit für die vorbereitung: erstmal das ticket bereit haben. die frage nach eben diesem war auch die einzige, die mir vom türsteher gestellt worden ist (ich hatte am donnerstag nach einigen anläufen glück beim wiederverkauf). da das laut nach angaben von residentadvisor für 230 leute ausgelegt ist und menschenaufläufe vor der tür vermieden werden wollen, gibt es keine abendkasse, stattdessen tickets im vorverkauf. was dazu führt, dass sich die besucher*innen idealerweise vorab mit dem line-up beschäftigt haben. zweitens (für die kälteren monate relevant) kann mensch schon mal die nicht benötigten anziehsachen bereitlegen: die kasse ist zugleich garderobe. und hier sehr fair: keine extrakosten, scheint im eintrittspreis inklusive zu sein.
hat mensch das absolviert, geht’s nach vorzeigen des stempels an einem weiteren türsteher an einer brandschutztür vorbei, und durch noch eine weitere steht mensch dann im club. eine art schleuse also, wobei faszinierend ist, dass keine bassdrum nach draußen dringt, wenn beide türen geschlossen sind.

das laut gibt es seit 2017. erwähne ich deshalb, weil die säule im gleichen jahr eröffnete und sich der vergleich dazu förmlich aufdrängt. ähnliche dimensionen, die gitter links und rechts oben erinnern sehr an die dortige ästhetik, der schmale schlauch mit dem dj-pult am hinteren ende ebenfalls. das steht erhöht auf einer bühne, djs somit leider etwas exponiert. organisatorisch jedoch logisch: im laut finden auch konzerte statt, daher muss im wechsel zwischen beiden betriebsarten nicht groß umgebaut werden. und würde das dj-pult vor der bühne ebenerdig stehen, fiele wertvoller platz auf der tanzfläche weg. insofern lässt sich mit der lösung leben.
schade ist jedoch, dass sich alles an licht auf die bühne konzentriert. nun ist der raum klein genug, dass die scheinwerfer von dort aus auch in richtung publikum strahlen können. begünstigt aber leider auch das tanzen in eine richtung. ein, zwei paar kleine scanner im publikumsraum, dafür weniger bühnenbeleuchtung fände ich besser. sound kommt aus einem line-array von l acoustics – etwas schrill, wenn es noch nicht voll ist, bei hochbetrieb wesentlich besser. da die räumlichkeiten sehr übersichtlich sind und die sperrstunde auch hier fünf stunden party bedeutet, kommt das laut im vergleich zum nitsa sogar noch schneller auf betriebstemperatur. die spanier*innen lassen sich also auch hier nicht lange bitten, mir war’s ab 3 uhr auf der tanzfläche zu voll bzw. ich wie in berlin auch vom durchgangsverkehr am rand genervt.
auch hier: keine abgeklebten kameras. filmen, selfies etc. sind also kein problem, geschieht jedoch nicht so exzessiv wie bei konzerten. das laut beschäftigt jedoch einen fotografen, der den ganzen abend schwer mit filmen oder fotografieren mit mini-stativ beschäftigt war. ich weiß nicht, ob das heutzutage für die visuelle präsenz in den sozialen medien wirklich notwendig ist – eher leistet das alles der entwicklung vorschub, die entsprechenden momente zu inszenieren, anstatt sich einfach nur dem fluss der party hinzugeben. ergo: für mich eher unnötig, gar schädlich.
publikumstechnisch auch hier männerüberschuss, außerdem das treffen der generationen: die älteren erfreuen sich an den sounds, die sie vor zwei jahrzehnten schon feierten, die jüngeren entdecken es für sich und tanzen auch gerne mal im eigenen zirkel. zeichen der zeit eben. allerdings sind die spanier*innen sehr offen und auch aufmerksam. kaum saß mal eine dame auf den echt sehr bequemen sofas neben der bar, wurde gefragt, ob alles okay sei. das war ab kurz nach 3 uhr auch mein bevorzugter aufenthaltsort. auf der tanzfläche kam es mir zu der zeit so vor, als ob territorium erobert oder wenigstens verteidigt werden müsse – nicht mein metier.

anika kunst war meinem eindruck nach gegen viertel nach eins gut warmgelaufen und zog die zügel mit tooligen, hin und wieder dubbigen tracks kontinuierlich an. nach wie vor konsequent mit vinyl und auch langgezogenem mixing. positiver eindruck bestätigt.
ben sims spielte (demokratisch fair aufgeteilt ab 3:30 uhr) perkussiv dichter, aber das arbeiten mit tools war ihm schon immer zu eigen. legte auch tempotechnisch ein bis zwei kohlen drauf. alles im dienst der party, mir steckte jedoch am samstag tagsüber das nitsa noch etwas in den knochen – sprich: ich kam da nicht aus dem knick. dank abendlichem nickerchen und kaffee ging das nachts, jedoch wollte ich den sonntag bei toller wetterprognose nicht auch noch verschwenden. auch wenn tanzen im bereich am hinteren ende der tanzfläche vor der bar (es gibt übrigens club mate und fritz kola – weiterer sympathiepunkt gegenüber dem nitsa, das auf erzeugnisse von red bull setzt bzw. sich sponsorn lässt) möglich gewesen wäre, lieferten sowohl set als auch füllgrad für mich keine gründe, das noch in die länge ziehen zu wollen.
stattdessen machte ich mir den vorteil zu nutze, dass die metro in barcelona wie in berlin auch in der nacht von samstag zu sonntag durchgängig fährt und dabei auch ähnlich frequentiert ist. heißt: ich war um 5:30 uhr im bett und tagsüber rechtzeitig fit genug, um bei 20 grad am strand lesen zu können. für meine begriffe also mit dem „frühen“ aufbruch alles richtig gemacht.

notierte tracks

anika kunst
sciahri & hertz collision – axis mundi
robert hood – protein valve (edit 2)