r.i.p. herr von bülow

der grandseigneur des deutschen humors ist am montag, dem 22. august 2011 im alter von 87 jahren an altersschwäche verstorben. bereits 2006 hatte er sich vom fernsehen verabschiedet (siehe bild), dennoch fühlte man sich durch seine präsenz auf dem bildschirm stets an die zeiten zurückerinnert, in denen die dortige unterhaltung noch nicht der diktatur der werbeindustrie unterworfen war, sondern tatsächlich niveau bot.

herr von bülow: vielen dank für schief hängende bilder, das jodeldiplom, den saugblaser heinzelmann, den sprechenden hund bello, die szenen einer ehe, die steinlaus, ihre zwei kinofilme und überhaupt für alles, was sie geleistet haben. leider haben sie mit ihrem opus die messlatte so hoch gelegt, dass ein adäquater ersatz unmöglich aufzutreiben ist. aber immerhin gibt es das alles fein auf silbern glänzenden scheiben konserviert.

machen sie sich mit evelyn hamann eine schöne zeit, wo auch immer. ihr feingeist, ihre ironie und ihre beobachtungsgabe werden auf lange sicht unerreicht bleiben.

p.s.: einen würdigen nachruf gibt es bei spi-on.

cdu-vision vom bürgergeld

die überschrift mag plakativ erscheinen, drückt aber meine verwunderung über den vorstoß aus, den eine arbeitsgruppe namens „solidarisches bürgergeld“, die vor drei jahren vom damals noch amtierenden thüringer ministerpräsidenten althaus (wir erinnern uns: der herr, der sich beim skifahren mindestens genauso umsichtig hätte verhalten sollen) eingesetzt worden ist.
deren abschlussbericht liegt nun vor, der wird anfang nächster woche in der cdu-zentrale vorgestellt. das konzept erinnert frappierend an das des bedingungslosen grundeinkommens, was ich aus der ecke so nicht erwartet hätte.

wobei hier mal wieder geschicktes agenda-setting seitens spi-on zu attestieren ist: am 8. november wird die petition von susanne wiest im bundestag debattiert (eine dazugehörige demo findet am samstag davor statt, dazu gibt’s aber nochmal einen gesonderten eintrag im terminkalender). diese hat sich wiederum als direktkandidatin des wahlkreises greifswald / demmin für den bundestag beworben. demmin gilt – wie man ebenfalls seit dieser woche weiß – als hauptstadt der arbeitslosen, der scheinbar zufällige zusammenhang, in dem beide meldungen innerhalb weniger tage lanciert wurden, kommt insofern nicht von ungefähr.

eine neue runde also in der diskussion über entlastung der bürger vom leistungsdruck vs. soziale hängematte. als tagesordnungspunkt sowieso stets relevant und zu schade, um in der fachlichen debatte zu versinken. da kann man sich nur wünschen, dass die mediale aufmerksamkeit auch über die öffentliche debatte hinaus erhalten bleibt, so dass auf seiten der bürger ein bewusstsein für die existenz von alternativmodellen, welche die erwerbsarbeit ergänzen können, geschaffen wird. die idee ist nach wie vor zu schade, als dass sie einzig im elfenbeinturm von vermeintlichen utopisten verhandelt wird.

die „zeit“ über den kotti

im zuge der recherche für das aktuelle (groß-)projekt „master-arbeit“ entdeckt, gibt es als leseempfehlung (respektive gedächtnisstütze, auf mich selbst bezogen) einen schon etwas älteren „zeit“-artikel (juli 2003), der jedoch nach wie vor mit nicht weniger als dem adjektiv „beispielhaft“ bedacht werden kann.

thematisch geht es um das schicksal des kottbusser tores, welches durch den bau des neuen kreuzberger zentrums in der ersten hälfte der 1970er-jahre in den folgejahrzehnten zum sanierungsfall geriet, obwohl die in das lediglich als abschreibungsobjekt errichtete projekt gesteckten hoffnungen ganz andere waren. das wird von andreas molitor selbst allerdings auch erklärt und idealerweise in den historischen zusammenhang des damals favorisierten modells der flächensanierung eingebettet.

klick

migration-integration-diversity interviewt serdar somuncu

die seite war mir bislang kein begriff: ein projekt der heinrich-böll-stiftung, was es sich zur aufgabe gemacht hat, über zuwanderung, soziale / politische integration, sowie über den produktiven umgang mit kultureller vielfalt in institutionen zu informieren. damit soll die tagespolitische debatte mit hintergrundwissen gefüttert werden, um den interkulturellen austausch zu befördern, was 1. brav aus dem editorial paraphrasiert und 2. schwer bookmarkverdächtig ist.

nun also mit dem derzeit besten hassprediger, serdar somuncu, dessen programm man sich innerhalb von fünf monaten ruhig zwei mal anschauen kann – es hat sich beide male gelohnt. bei der lektüre des interviews erkennt man einige kernsätze aus der laufenden tour wieder, als mehrwert erfährt man aber, was er nach der selbstverhängten auszeit als satiriker plant. wer ihn in aktion sehen möchte – unterhalb des artikels gibt es einige links: klick.

p.s.: dmax sendet ausschnitte aus dem vorherigen programm („bild lesen“). sendetermine: 18. juni 2009, 0:30 uhr, 20. juni 2009, 0:30 uhr und am 28. juni 2009 um 0:15 uhr.

david firth: dog of man

nach über einem halben jahr lässt uns mr firth endlich wieder daran teilhaben, was seinem gehirn so entsprungen ist. typisch verstörend, wie immer.
als disclaimer die warnung, dass zur melancholie oder schlimmerem neigende personen den clip am besten bei tageslicht anschauen sollten – wenn überhaupt. eltern sollten ihre kinder vorher in einen anderen raum schicken.

die zeit über die abwanderung von musikern zu konzertagenturen

madonna hat’s vorgemacht, u2 (für mich neu) zogen nach, nun ist jay-z dran. sie sind keinem plattenlabel mehr verpflichtet, sondern als gesamtpaket bei einem konzertveranstalter (live nation) zu haben. das ist in den subkulturellen breitengraden, die hier sonst abgehandelt werden, zwar weitestgehend irrelevant, weil die bindung zwischen hörern und musikern auf dem indie-markt traditionell besser ist, aber dennoch ein zeichen dafür, dass die künstler selbst erkennen, dass es mit der veröffentlichung der musik (in welchem format auch immer) nicht mehr getan ist. die charts spiegeln es seit geraumer zeit wider, dass musik für ein breites segment prinzipiell zur wegwerfware verkommen ist. anders kann man den erfolg des schnuffel-kuschel-songs oder ähnliche geistige tiefschläge wie den crazy frog nicht erklären (randnotiz: ich freue mich riesig darauf, wenn einige wegen der suchbegriffe hier landen.).
gut, das ist mit der segmentierung des marktes verbunden. der geschmackliche konsens wie noch in den 1980er-jahren besteht einfach nicht mehr. viele kochen ihre suppe am rande des geschehens, was auch völlig in ordnung ist – sie haben ihre fangemeinde, die auch nicht lange überlegt, ob man sich das neue album kaufen soll. man will die musiker einfach wegen ihrer qualitäten unterstützen, weil sie über jahre hinweg harte arbeit geleistet und dabei (im ideafall) konstante qualität abgeliefert haben. genau das wurde bei den majors jahrelang versäumt. entweder man verließ sich auf die heiligen kühe, bediente damit aber weitestgehend die älteren käufer, die man mit best-of-alben inkl. ein, zwei neuen liedern aber auch nicht ewig für dumm verkaufen kann, oder man züchtet sich retorten-stars heran, was sich zuweilen samstags auf rtl, respektive donnerstags auf pro7 beobachten lässt. problem ist nur, dass diese sänger nicht wesentlich mehr als performance-roboter sind, die das produkt verkörpern, was ihnen von einem team an songschreibern (ausnahmen mit eigenkreationen bestätigen die regel), tanz-, gesangs- und sprachlehrern und einem manager maßgeschneidert wird. langlebige karrieren sind da aber nicht zu erwarten, entwicklungen schon gar nicht. stattdessen gibt es immer das gleiche rezept auf den tisch, nur die gesichter wechseln.
insofern ist das signal, welches die drei acts aussenden, genau das richtige. sie wollen neben der künstlerischen freiheit wieder publikumsnähe, und das lässt sich viel besser erreichen, wenn eine tour nicht mehr ausschließlich dafür gedacht ist, den absatz der tonträger anzukurbeln, sondern tatsächlich präsenz zu zeigen. gut, man darf nicht vergessen: sie sind auch bekannt genug, um sich den luxus leisten zu können, aber man kann ihnen dennoch einen pluspunkt dafür geben, dass sie sich ein beispiel an den acts genommen haben, die abseits des chart-geschehens durch die lande tingeln, dabei ihre erfahrungen bzgl. live-auftritte sammeln und sich dadurch einen großen kundenstamm aufbauen. und genau hier wird sich hoffentlich bald die spreu vom weizen trennen, denn wenn man abseits vom album nicht viel zu bieten hat, wird auch der ruhm ebenso schnell vergehen wie er gekommen ist. wobei ich schon gespannt wäre, wie ein schnuffel-konzert aussähe…

zum artikel geht es hier lang.

das kompressionsfieber in der aktuellen musikproduktion

ist bei radiosendern seit jahren standard – was dort als „eigener sound“ des jeweiligen senders beworben wird, ist letztlich durch equalizer und kompressoren geschickte musik. gerade im elektronischen bereich ist das als stilmittel nicht wegzudenken, wenn man die unsäglichen hardtechno-auswüchse ignoriert und sich stattdessen die labels mit hörbarer industrial-schlagseite wie zhark vor augen führt, kriegt man auch einen guten eindruck, wie man sie auch positiv einsetzen kann.
darum geht es der süddeutschen aber nicht, sondern um die populäre musik, die sich den gegebenheiten der radios angepasst zu haben scheint, und statt dynamikreicher aufnahmen einen recht verfremdeten brei serviert, worüber man sich in zeiten von mp3 und instant-stars aber als letztes kümmert. dennoch: wichtig ist es, darauf hinzuweisen, dass der detailreichtum nicht einer massiven flut an klängen geopfert werden sollte, vielmehr wären etwas filigranere klangbilder wieder wünschenswert und manch sender wäre gut beraten, mit „authentischem klang“ zu werben.

den artikel gibt’s hier.
(mit bestem dank an duck aus dem technoforum.)

david, fahr schon mal den wagen vor

nach den teilweise wenig erquickenden meldungen der letzten tage gibt es wieder mal was positives. nbc wird am 17. februar den pilotfilm einer „knight rider 2.0“-version ausstrahlen – in der hoffnung, dass sich wegen des publikumszuspruchs eine serie daraus entwickelt. pontiac / trans am werden dieses mal nicht in die verlegenheit kommen, eine episode mit ca. einem dutzend autos austatten zu müssen, das übernimmt jetzt ford, und die ladies müssen sich nicht mehr vor „da hoff“ auf bäume retten, sondern vor justin bruening (nie gehört), der – man höre und staune – als mike tracer den sohn von michael knight spielt.

ihr habt sicher schon bemerkt, dass man es westwärts über den großen teich immer noch nicht verlernt hat, hieb- und stichfeste drehbücher zu schreiben. was der knight industries three thousand alles auf dem kasten hat, lässt sich bei spi-on nachlesen. auf den subtil britischen charme eines devon miles muss man allerdings verzichten, da die figur im fernsehfilm „knight rider 2000“, und deren darsteller edward mulhare 1997 verstorben ist.

hoffentlich wird’s ein erfolg, auch wenn k.i.t.t. jetzt wohl weniger diplomatisch agiert, weil er mit aktuellen bond-fahrzeugen mithalten muss.

wa(h)re schulbildung

über pisa will ich mich hier nicht großartig auslassen. die schlüsse, die bislang daraus gezogen worden sind, mögen zum teil richtig sein, aber manche reaktionen waren es nicht. mangels eigenem nachwuchs kann ich auch nicht beurteilen, wie es heutzutage auf den oberschulen aussieht, sondern muss mich auf erzählungen verlassen.
daher weiß ich, dass meine ehemalige grundschule mit der abschaffung des klassenverbandes und des notensystems bis zur dritten klasse nicht gerade den goldenen weg eingeschlagen hat. schaut man sich im friedrichshainer kiez um, ist man geneigt, den demagogen, die eine stetige vergreisung der bevölkerung prognostizieren, gehörig die meinung zu sagen, wenn man pro tag wenigstens zwei kinderwagen und / oder schwangere frauen auf der straße sieht. eine menge rohmaterial, was in den nächsten jahren zu mündigen bürgern heranwachsen soll, nur kann der bezirk diese menge an abc-schützen schon jetzt kaum bewältigen, weil man diesen boom auch nicht vorhersehen konnte (ich ehrlich gesagt auch nicht. dachte immer, dass prenzlauer berg das mekka des kinderkriegens ist, aber scheinbar haben wir ihnen den rang abgelaufen* – ällabätsch.).
klassen mit 30 + x kindern sind daher nicht mehr die seltenheit, sondern eher die regel und adäquate reaktionen auf die vermeintlich herrschende bildungsmisere damit so gut wie unmöglich. da passt es manchen gut ins bild, die schulen so weit auf effizienz zu trimmen, dass die schüler zwar kernkompetenzen für ihren beruf mitbringen, aber wozu fehlendes eigenständiges denken und hinterfragen führen kann, sieht man an manchen jüngeren damen (teilweise auch herren), die jeden donnerstag herrn soost und co. huldigen und damit perfektes futter für die marketingmaschinerie sind (umsonst hat sich die werte musikindustrie des konzeptes, dass man sich seine eigenen stars wählt, nicht ausgedacht, meine lieben.) oder später lieber die klatschpresse bereichern als wenigstens einmal pro woche in qualität zu investieren – und sei es auch nur zeit (im doppelten sinne), an angeboten im netz mangelt es ja nicht. begabte schüler werden dabei zu kurz kommen und weniger begabte, bzw. lernschwache werden mangels individueller betreuung dabei pech haben. wer das ansatzweise genauer, und vor allem fundierter behandelt wissen möchte, kann sich ein interview mit prof. hans bertram zum thema ganztagsschulen durchlesen, ehe ich noch weiter abschweife.

grund für den eintrag hier ist ein artikel meines ehemaligen direktors vom der humboldtschule in berlin-tegel, der im tagesspiegel für ein bildungsideal plädiert, was – trotz einführung effizienterer studiengänge wie dem bachelor – auch gottseidank an der humboldt-universität nach wie vor gefördert wird. ich kann nur hoffen, dass an meiner ehemaligen „penne“ weiterhin daran festgehalten wird – empfehlen würde ich sie den nach einer passenden schule fragenden nordberliner eltern nämlich immer noch gerne.

hier geht’s zum artikel

p.s.: der web-auftritt der humboldt könnte dennoch mal eine optische auffrischung vertragen. der hat sich seit meinem abitur nicht verändert, aber selbst mit linux-open-source-software lässt sich besseres hinkriegen. einfach mal in der schülerschaft herumfragen, davon dürften einige fit genug sein.

* bedarf fundierteren zahlenmaterials, bis dahin steht das als arbeitshypothese hier.

rave strikes nun auch im spiegel wieder back

zumindest sind auch sie auf die idee gekommen, das hier seit jahren zelebrierte revival der (after-)after-hour-kultur zu portraitieren, und dies exemplarisch an zwei vorzeige-institutionen wie der beatstreet und dem berghain. in die bar25 hat man sich wohl nicht getraut.

soll nur als popcorn-lektüre für zwischendurch gedacht sein, wirklich bahnbrechende informationen stehen für szenegänger dort nicht drin, und für den stammleser ist eh hopfen und malz verloren, was etwaige hoffnungen in zukünftige rentenzahler angeht – da machen einmal mehr vermeintlich schockierende details auch nichts mehr aus. wobei ich stark annehme, dass man ihnen in konsumfragen auch nichts neues mehr erzählt.

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