neuer pop-up-store für vinyl-jäger: diggin days

okay, so ganz „neu“ ist der laden nicht – er steht seit dem umzug von hhv.de von der revaler in die grünberger straße nur leer. gerade eben hhv.de fasst sich aber pünktlich zum record store day am 18. april 2015 ein herz und eröffnet einen pop-up-store an alter stelle in der revaler straße 9, in dem sich dann bis zum (vorerst) 16. mai 2015 wühlen lässt. vorrangig hiphop, soul und funk, aber ich habe auch so einige elektronische sachen in den letzten jahren in gutem bis akzeptablem zustand dort gekauft.
die preise der platten sollen konsequent zwischen 1 und 7 euro liegen, was wiederum den verdacht nahelegt, dass das lager von mittelmaß-restbeständen bereinigt werden soll. aber das ist ja das schöne am jagen – die überraschungen entdecken.

p.s.: für den fall, dass (wie meine wenigkeit) jemand material übrig hat, das beim besten willen nicht mehr finanziell, jedoch noch materiell restverwertbar ist, und zugleich noch folgenden  wissensvorsprung hat – kennt hier jemand ein presswerk in europa, das vinyl einschmilzt, um neues zu pressen? r.a.n.d. fällt raus, die machen das nur mit von vertrieben zurückgekauften beständen. antwort gerne per mail oder in die kommentare. ich fürchte jedoch fast, dass ich die frage in unregelmäßigen abständen hin und wieder stellen werde.

r.i.p. edgar froese

tangerine dream – auch so eine gruppe, der man einen säulenheiligen-status einräumt. edgar froese der kopf dahinter, aber weiß ich sonst viel über ihn oder sie? nein, sträflicherweise nicht. im gegensatz zum späteren kraftwerk-katalog von mitte der 1970er bis mitte der 1980er kenne ich keine tangerine-platte auswendig. gehört habe ich ein paar davon mal, aber ich muss zugeben, dass wenig davon im gedächtnis geblieben ist.
edgar froese ist bereits am vergangenen dienstag, den 20. januar 2015 an den folgen einer lungenembolie in wien gestorben. scheint ja ein verflixtes alter zu sein.

r.i.p.

r.i.p. joe cocker

der zweite musiker innerhalb von zwei tagen, der sicherlich noch einiges mehr an bühnenpräsenz verdient hätte. so werden nicht wenige nachrichten titeln.

keine ahnung, wann und welchem stück von ihm ich als erstes begegnet bin. ist ungefähr so, als ob man gefragt wird, wann man das erste mal „she loves you“ von den beatles oder „satisfaction“ von den stones gehört hat.
es war in jedem fall im laufe der 1980er, in einer zeit, als er sein großes comeback nach abhängigkeit von alkohol und kokain (stellenweise auch heroin) feierte. „unchain my heart“, „you can leave your hat on“ oder „up where we belong“ – eines der stücke hört man eigentlich immer, wenn man einen tag lang einen der radiosender eingeschaltet hat, der die altersgruppe der mittdreißiger bis mittsechziger anpeilt.
es mag mtv gewesen sein, das „when the night comes“ vom „one night of sin“-album anno 1989 im programm hatte (die platte habe ich heute noch). aber wirklich beeindruckt hat mich (wie so viele) die sequenz mit ihm aus dem woodstock-film mit „with a little help from my friends“, das – muss ich als beatles-freund ja gestehen – als coverversion locker das original überflügelte. das finale, als joe cocker zuckend auf der bühne steht, sorgt bei mir heute noch für gänsehaut.

in den 1970ern – eigentlich schon nach woodstock – wurde ihm jedoch schnell klar, dass der ruhm auch seine schattenseiten birgt und der umgang damit führte ihn gesundheitlich an den rand des ruins. umso erfreulicher war es, ihn im laufe der 1990er-jahre und folgende hin und wieder im fernsehen zu sehen, wo er stets gute auftritte ablieferte und sich als mann präsentierte, der sich seiner schwächen bewusst ist, aber stets eine kämpfernatur bewahrt.

den kampf gegen lungenkrebs hat er als eine der prägnantesten stimmen im geschäft jedoch leider zu früh verloren – mit 70.

r.i.p.

r.i.p. udo jürgens

nein, hier nicht nur techno. klar gibt es leute, die größeren einfluss auf mich ausübten. andererseits hatte der mann einfach stil und war trotz eingängiger melodien nie textlich primitiv, damit es auch im bierzelt bei zwei promille verstanden werden kann.
hatte im september noch gedacht, dass er mit seinen 80 jahren noch super in form scheint und daher angenommen, dass er noch locker zehn bühnenjahre drauflegt.

dann herzversagen, bei einem spaziergang. hoffentlich kein jahrelang verstecktes leiden, bei dem die qual verborgen wurde. dann (und das wäre das einzig positive an dem ganzen) ging es wenigstens schnell.

r.i.p.

cristian vogel möchte neu mastern (lassen)

… und hat dazu eine startnext-kampagne gestartet, die sage und schreibe noch drei tage läuft.

das ziel ist mit 5.000 euro auch bereits erreicht, aber wie das mit veranschlagten finanzplänen so ist, kann es nie schaden, etwas puffer nach oben zu haben.
es geht bei dem neuen mastering um das bereits erschienene, aber zumeist ausverkaufte material zwischen 1992 und 2006. darunter fallen beispielsweise die alben auf mille plateaux, aber auch auf tresor. wenigstens genauso wichtig: die eps auf sativae, mosquito, force inc., ferox etc. gehören ebenfalls dazu. mir am wichtigsten und daher auch gebucht: die garage box mit unveröffentlichtem material. kann zwar sein, dass es sich – ähnlich wie beim caustic window-album – um mittelprächtige tracks handelt, aber ich bin eben neugierig. und unterstützen wollte ich eh.

wer noch am überlegen ist: es lohnt sich alleine wegen der alten eps. zwar bin ich eh fanboy und kann somit viel erzählen, aber es sei gestattet, dass ein neues mastering und eine wiederveröffentlichung der alten tracks definitiv ein richtiger schritt sind, den sich andere ruhig mal abgucken könnten, ehe techno-geschichte zu weiten teilen nur über youtube nachgeholt werden kann.

r.i.p. peter radszuhn

schon die zweite todesmeldung innerhalb von sieben tagen, über die ich nur mit dem kopf schütteln kann, wobei herr radszuhn für einige mitleser, die nicht aus berlin und umgebung stammen, ein unbeschriebenes blatt sein dürfte.

es dürfte so 12, 13 jahre her gewesen sein, als ich das erste mal ausflüge von fritz zu radio eins machte. zur erklärung: beides sind programme des rundfunks berlin brandenburg, jedoch mit unterschiedlichen zielgruppen. fritz betreut die jugendlichen (teenager bis anfang/mitte zwanzig), radio eins wurde als „radio für erwachsene“ ins leben gerufen. der unterschied war deutlich: während es bei fritz dezidierten raum für gespräche gab (an den blue moon ab 22 uhr dürften sich noch einige erinnern), deckte zwischen 20 und 22 uhr der soundgarden verschiedene sparten ab und machte meistens kein großes federlesen, bis es musik zu hören gab. das war auch beim restlichen programm so.
die ersten erfahrungen mit radio eins dürfte ich bei abendlichen autofahrten oder beim duschen gemacht haben. und meistens hörte ich eine nicht allzu hohe, aber dennoch rauchige stimme. die empfand ich als irgendwie komisch und hab mich gefragt, wie lange derjenige noch monologisieren wird, bis denn mal wieder musik zu hören sei. restjugendlicher überschwang halt, wobei auch zu bemerken ist, dass ich bei marusha (die den samstags-soundgarden auf fritz gestaltete) auch gerne darauf wartete, dass sie fertig ist.
man kann es auf die formel bringen: mir war der gesprächsanteil bei radio eins zuviel des guten und ich wahrscheinlich nicht „erwachsen“ genug.

vorspulen ins jahr 2009/10. fritz konnte und wollte ich schon länger nicht mehr hören, was blieb dann also noch? motor fm, klar, gut, aber noch mehr nachrichten zur politischen willensbildung wären schon ganz nett.
so fand ich also wieder zur 95,8-frequenz zurück. da war auch diese komische stimme wieder, aber sei es das musikalisch gewachsene und erweiterte interesse in den jahren dazwischen oder eine gewisse altersreife – in jedem fall wurde mir schnell bewusst, den herrn radszuhn jahre vorher eindeutig zu oberflächlich und obendrein noch vorschnell beurteilt zu haben. der soundcheck am freitag abend ab 21 uhr entwickelte sich zu einer art stammsendung, in der er als musikchef mit einem fundamentalen wissen, breitgefächertem interesse und leidenschaft dermaßen glänzen konnte, dass es eindeutig an mir war, meine damalige haltung hinterfragen zu müssen.
in den letzten jahren geriet radio eins für mich wieder etwas ins hintertreffen – allerdings ist dies generell meinem medienkonsumverhalten geschuldet. außerhalb des frühstücks nehme ich mir selten die zeit, bzw. die bleibt dann nur für eigenständige entdeckungsreisen in den virtuellen plattenläden oder einfach nur den feierabend, der durch manche mediatheken garniert wird.
so ist es leider auch länger her, dass ich peter radszuhns stimme aus dem äther vernommen habe, und wie so häufig kann ich mich erneut ärgern, mir nicht gezielt die zeit für den soundcheck oder den mittwochabend mit seinen „prime cuts“ genommen zu haben.

peter radszuhn ist mit gerade mal 60 jahren in der nacht vom freitag auf samstag verstorben. ein anderer, der viel zu früh gehen musste.

radio eins ändert am mittwoch abend, den 22. oktober 2014, ab 21 uhr sein programm und sendet auf dem „prime cuts“-sendeplatz eine tributsendung. und auch wenn ich mir die frage nach einem gewissen opportunismus gefallen lassen müsste, erst jetzt wieder einzuschalten: ich bin dabei.

r.i.p.

r.i.p. mark bell

gerade vor drei wochen noch hat er zum 25-jährigen von warp in krakau gespielt. dem ifz habe ich an dem wochenende den vorzug gegeben, weil näher dran, somit weniger aufwand und lfo kann ich als einzigen act, der dort auf dem line-up stand und mich noch interessiert hätte, bestimmt noch nachholen – dachte ich mir jedenfalls.

daraus wird leider nichts mehr. komplikationen bei einer operation sind aufgetreten und der mann, der sowohl mit gez varley als auch solo für so manche sternstunden im techno-bereich verantwortlich zeichnet, muss nun im jenseits für massagen des zwerchfells durch tiefbassfrequenzen sorgen.

und das mit gerade mal 38. gerecht ist auch das mal wieder nicht.

r.i.p.

kickstart für caustic window

schon bemerkenswert. während wenigstens 90% der bevölkerung bei den vier worten aus der schlagzeile wahrscheinlich nur mit der stirn runzeln, denkt sich der stammleser womöglich, dass ich mir mit der information ganz schön zeit gelassen habe – zu recht. daher hier nur kompakt und als notiz für mich, da ich mich noch beteiligen muss: ein unveröffentlichtes album von aphex twin alias caustic window, von dem nur vier testpressungen existieren, stand vor einigen tagen für 13.500 usd bei discogs zum verkauf, wurde aber schnell wieder entfernt, nachdem eine initiative aus dem we-are-the-music-makers-forum mit mr james die abmachung getroffen hat, daraus das kickstarter-projekt zu erschaffen. das ziel der kampagne wurde auf 9.300 usd festgesetzt, womit 500 leute, die wenigstens 16 usd dazu beitragen, das recht auf eine digitalkopie erwerben können.

zugegeben: ich wäre schon nach wenigen stunden zu spät dran gewesen. aktueller wasserstand sind 51.000 usd und das projekt läuft noch bis zum 10. mai 2014. klar, eine menge zeit, die ist aber auch ebenso schnell ins land gegangen. daher lieber jetzt als gleich nägel mit köpfen machen. das material ist von 1994 und wird schon nicht schlecht sein.

p.s.: es hängt zwar sehr lose miteinander zusammen, sollte aber nicht unerwähnt bleiben. bleep bietet aktuell einige hundert alben aus verschiedenen genres in wav/flac/mp3 für 6 euro an. darunter natürlich erwartungsgemäß einiges aus dem hause warp, aber auch planet mu, skam, peacefrog, hotflush oder delsin sind dabei. daher war heute ein großeinkauf fällig, bei dem ich meinen autechre- und clark-katalog etwas aufgefüllt oder endlich mal den einstieg bei flying lotus gewagt habe. ein paar schöne venetian-snares-alben sind ebenfalls mit von der partie, aber nehmt euch besser ein, zwei tage zeit dafür. kann man unmöglich an einem tag durchhören.

r.i.p. frankie knuckles

angesichts des datums kann man einen schlechten scherz vermuten, leider ist es keiner. der mann, der mit dem warehouse in chicago maßgeblich zu form und namen des seinerzeit neuen stils beitrug, ist gestern tot in seinem haus aufgefunden worden. er wurde nur 59 jahre alt, das offizielle statement zur todesursache soll noch im laufe des tages folgen.

auch wenn er tausende musikalischer erben hinterlassen hat, wäre es besser gewesen, dass er noch einige jahre im club, im musikgeschäft und – einen guten charakter vorausgesetzt – auch als mensch präsent geblieben wäre. aber mit nicht mal 60 ist es einfach noch viel zu früh, gerade für legenden.

r.i.p.

quo vadis, de:bug?

im laufe des tages hat es sich ja bereits verbreitet, dass auch die einst aus den ruinen der frontpage entstandene de:bug als printausgabe mit der nächsten nummer wohl der vergangenheit angehören wird. wer es noch nicht gelesen oder sonst irgendwo aufgeschnappt hat: hier ihre erklärung.

natürlich lädt das nicht zu luftsprüngen vor lauter jubel ein. gerade im vergleich zur doch eher am konsens orientierten groove war ihnen der gesamte technisch-philosophische unterbau eine herzensangelegenheit. das muss nicht jedermanns sache gewesen sein (zum beispiel meine), aber der größere musikalische radius hat das immer wieder aufgewogen.
in letzter zeit – und damit wohl mit ein grund, weshalb die de:bug das nächste opfer der großen printmisere ist – bestand die verbindung zwischen de:bug und mir aus der jährlichen überweisung für das abonnement und dem herausfischen aus dem briefkasten. die ausgaben liegen hier stellenweise unberührt in ihrer durchsichtigen folie und in meiner internen liste an zu erledigenden dingen. auch mit selbstgewähltem facebook-boykott und gelegentlichem twitter-schmökern: informationen erreichen mich trotzdem primär über das netz. residentadvisor zählt zu den seiten, die den neuesten szenetratsch mit selbstgenerierten inhalten (podcast, exchange, real scenes) und einem international bis dato schön zu nutzenden partykalender garnieren. foren haben ihre höhepunkte zwar hinter sich, aber auch da kommt es darauf an, was man sich so auswählt. substanzielles lässt sich auch dort noch finden.
das alles zusammengenommen ergibt aber ein dilemma: warum noch die information per print, wenn man alles zuvor aus dem netz haben konnte?

die de:bug hat das schon früh erkannt und ihre vergangenen ausgaben sowie die features recht zeitnah ins netz gestellt und somit ihren eigenen anspruch mit den elektronischen lebensaspekten auch konsequent umgesetzt. mit ein grund, weshalb ich das abonnement beibehalten habe: in dem wissen, dass die veröffentlichungen im netz zwar schnell geschehen und obendrein noch mehr leute in kürzerer zeit erreichen können, dabei aber eben kostenlos bleiben, sollte die arbeit der leidenschaftlichen nerds wenigstens durch meinen kleinen teil gesichert bleiben. es blieb aber so oder so ein tropfen auf dem heißen stein. wenn es schon in bürgerlichen printmedien schwierig ist, als redakteur dort überhaupt so weit zu kommen, dass es für den lebensunterhalt reicht, ist das für musikjournalisten noch einmal etwas prekärer, so dass es ohne andere einnahmequelle einfach nicht geht.
(randnotiz für diejenigen, die sich anhand meiner während des studiums geäußerten ambitionen für den journalismus gefragt haben, was daraus eigentlich noch werden soll: warum denn noch, wenn es in szene-zeitschriften nur noch um ruhm und ehre geht und man andernorts schon gewaltig die ellenbogen ausfahren muss, damit es für ein paar euro zeilengeld reicht? das war mit der grund, diese veranstaltung hier ins leben zu rufen.)

insofern: natürlich schade, dass die kiosklandschaft um eine zeitschrift ärmer wird, die trends zwar wahrnahm und auch spiegelte, aber dabei auch immer eigene nuancen hinzufügte. doch warum eigentlich das präteritum? das wirklich letzte wort scheint ja laut des oben verlinkten postings nicht gesprochen. ich mache mir zwar keine illusionen, dass es noch mehr printausgaben als die nächste geben wird, hoffe jedoch sehr darauf, dass die gute arbeit im netz fortgesetzt wird. und ja, ich würde auch für ein pdf-abo zahlen – gerne auch als app für das ipad.
meinen abo-beitrag für das laufende jahr könnt ihr übrigens behalten – macht was draus, und sei es für ein paar feuchtfröhliche stunden in der redaktion.

danke jedenfalls für die letzten gut 15 jahre.