zu meiner liste an noch abzuarbeitenden nachbetrachtungen der letzten jahre zählt die 2018er-ausgabe von monis rache, unter die ich bis vor zehn tagen noch das fazit „heimlich bessere fusion 2018“ gezogen hätte. nur kam eine reportage dazwischen, die mich erstmals hier zu diesem hier greifen lässt:
triggerwarnung – sexualisierte gewalt, daher bitte nur bei vorhandenem interesse lesen
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ein disclaimer: ich bin weder in den strukturen von monis rache aktiv und ordne mich im politischen spektrum tatsächlich eher bauchlinks ein. dieses posting wird auch keinen informativen mehrwert hinzufügen – vielmehr ist es ausdruck einer im verlauf der letzten woche aufgestauten enttäuschung, wie allgemein mit niederträchtigen fällen dieser art und insbesondere im rahmen von monis rache damit umgegangen wird. insofern lesen sich einige der folgenden abschnitte und fragen wie ein „guter rat“ von außen.
in der reportage klingt bereits beim bielefelder fall eine gewisse überforderung seitens der polizei mit dem dortigen fall an. an dieser stelle muss die frage erlaubt sein, ob eine beamtin, die erdrückende beweise von der opferseite förmlich auf dem silbertablett serviert bekommt und lediglich darum bittet, nicht so viele e-mails auf einmal zu schicken, entweder mit einem bein im burn-out steht und daher behandelt werden müsste oder unter akutem empathiemangel leidet oder schlicht und ergreifend arbeitsverweigerung betreibt.
letzteres lässt sich auch stark bei der dezentralen, konsensualen organisation von monis rache vermuten. als momentaufnahme gibt es hier deren zwei statements als screenshot, wie sie auf deren website zu finden sind (stand: 17. januar 2020, 13:28 uhr):
„wenig handlungsfähig“, „bemühen“, „sind dabei, einen umgang mit allem zu erarbeiten“ – das ist alles ganz schön nebulös. andere kollektive, die an monis rache beteiligt waren, bringen mit ihren statements wesentlich mehr licht in die sache. sie offenbaren allerdings auch eine frappierende und fatale ohnmacht seitens der festival-organisation an sich. es sind nunmehr nicht nur die taten von jemandem aus dem engeren organisationskreis, sondern vielmehr deren umgang damit, der einem kleinen, aber feinen festival, das in puncto awareness bereits einen weiten weg zurückgelegt hatte, immensen schaden zuzufügen beginnt. bis vor zwei wochen hätte ich monis rache noch als eines der musterbeispiele für kommuniziertes bewusstsein in puncto aufbrechen patriarchaler strukturen (bspw. ihren wirklich guten erklärungen der „no shirt, no service“-policy, wo sie der fusion mindestens einen schritt voraus waren) bezeichnet. nach der lektüre der folgenden stellungnahmen wird der fragenkatalog jedoch nicht kleiner.
stellungnahmen allesamt mit triggerwarnung, daher bitte gezielt anklicken:
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als sporadisch an plenumsarbeit beteiligter ist mir zwar bewusst, dass konsensuale entscheidungen in puncto line-up und das verfassen von promotexten länger dauern kann. man sieht an diesem fall, dass es auch nicht besser wird, je mehr personen beteiligt sind. aber dennoch:
wie kann es sein, dass eine teilgruppe der festival-organisation – die sog. „erstkontaktgruppe“ (ekg) – so autark agieren konnte, dass der täter im rahmen einer vermeintlichen (und offensichtlich nicht richtig durchgeführten) transformative justice eher gedeckt als wirkliche aufarbeitung betrieben worden ist?
wie kann sich weiterhin eine vollversammlung eines festivals, das gemeint und gefühlt in puncto awareness recht weit vorne agiert(e), angesichts eines (ich überspitze bewusst) super-gaus in bezug auf übergriffigkeit und deren intransparente „aufarbeitung“ einer teilgruppe, auch mehr als eine woche nach allgemeiner bekanntgabe der ereignisse nicht auf eine gemeinsame linie einigen? das mensch meier hat mit dem ausschluss der ekg von geplanten projekten schon mal gezeigt, wie das geht. und auch wenn sippenhaft zurecht verrufen ist: den vertrauensmissbrauch reduziere ich mittlerweile nicht mehr nur auf den täter, der die aufnahmen hergestellt und verbreitet hat, sondern auch auf diese gruppe, die es ein vierteljahr lang geschafft hat, die reste der organisation im unklaren zu lassen (der sehr gute supernovamag-artikel spricht von „täterschutz“). wenn man als kollektiv „handlungsfähig“ bleiben und sogar schlagkräftige stellungnahmen anstelle von selbstmitleid erarbeiten möchte, sollte sich auch getraut werden, harte schnitte zu vollziehen, wenn sie dem ziel von monis rache als safer space entgegenlaufen. und der fall hier ist für mich mehr als eindeutig.
zur erinnerung: das politische klima erlaubt es derzeit nicht gerade, dass mensch auf linker seite bei der suche nach handlungsoptionen kopflos im kreis läuft und wichtige entscheidungen sowie stellungnahmen vertagt (ich hoffe doch stark, dass dies lediglich vertagt ist). der versuch einer direkten ansprache: ihr habt hier einen präzedenzfall für grenzüberschreitungen aus dem inneren kreis heraus. klar schmerzt das, aber wie in zwischenmenschlichen beziehungen auch, besteht immer die möglichkeit, solchen leuten die tür zu weisen und damit stärke zu demonstrieren. das ist nicht schön, wenn man sich als konsensuale organisation versteht, aber manchmal eben doch notwendig.
nochmal im klartext: ich habe sehr gespannt darauf gewartet / gehofft, ob monis nach dem rückschlag für die location anno 2018 in diesem jahr anderswo wieder stattfindet. diese hoffnung liegt momentan auf eis. werdet endlich so konsequent, wie ihr es gegenüber euren cis-männlichen festivalteilnehmern vorgegeben habt.
ich nutze das posting hier, um ein paar links für berliner anlaufstellen (und ggf. weitere artikel) zu hinterlassen. die sind aus den statements herauskopiert für diejenigen, die sie nicht anklicken wollten. sofern sich etwas weiteres ergibt, aktualisiere ich das.
anlaufstellen
lara – fachstelle gegen sexualisierte gewalt an frauen
opferhilfe berlin e.v.