nach den wintergames im januar folgt der große rundumschlag. im gegensatz zum letzten jahr nicht „nur“ auf den mittwoch in der berghain-kantine plus den freitag und samstag im suicide beschränkt. ich werde allerdings nicht jeden termin mitnehmen, die von mir ins visier genommenen stehen unterhalb des plakats (und alle restlichen hier). dank „recent updates“-plugin bleibt ihr auf dem laufenden, wenn sich da was ändert oder die nachbetrachtung bereits geschrieben ist.
montag, 15.08.2011: roter salon @ volksbühne
oval special live performance
alexander spree* live
klaus beyer live
adam weishaupt
ab 20 uhr
10 euro
*: ihn kannte man in techno-kreisen als al.x.e, eine hälfte von aeox oder tafkatafta. nun mit chansons inkl. berliner lokalkolorit – siehe mehr hier.
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gegen 20h30. meine adoption der typischen berliner verspätung hat sich auch nicht gerächt, da der beginn sich eh verzögerte. oval fing um 21 uhr an.
acts:
oval: musikalisch fand ich es erstaunlich rhythmisch, zugänglich und organisch (samples von akustikgitarren bspw.). obwohl das publikum (inkl. mir) die stunde sitzenderweise genossen hat, kam keine langeweile dabei auf. seinem grinsen beim applaus am schluss nach zu urteilen war er selbst wohl erleichtert darüber, dass musik und visuals anklang gefunden hatten. ach ja, visuals: in der ersten hälfte von ihm (vertikale linien in variierenden farben und breiten), in der zweiten von einer jungen dame, die zeigte, was sich mit einer art taschenlampe und verschiedenen gegenständen aus koffern (draht bspw.) an eine leinwand projizieren lässt. rundum positiver eindruck.
alexander spree: natürlich kann man sich seine youtube-videos ansehen und kennt damit alle lieder, die er in seinem programm vorträgt. damit verpasst man nur sein faible für improvisationen, die von seinem lampenfieber abgelenkt und ihn selbst zunehmend sicherer haben wirken lassen. im vergleich zu oval war’s zwar zur hälfte leerer, aber die anwesenden hatten mit und bei ihm ihren spaß. falls so etwas wie ein album angedacht ist, sollte er lieber über die produktion einer dvd nachdenken, das akustische erlebnis reicht bei ihm alleine nicht. großartiger entertainer, nach wie vor.
adam weishaupt: überbrückte kurz die zeit bis zum beginn von klaus beyer mit dadaistischem deutschen punk.
klaus beyer: wegen der verpflichtungen im so36 nur ca. eine halbe stunde mitbekommen. der mann hat tatsächlich alle beatles-alben ins deutsche übersetzt, eröffnete mit „sergeant peppers einsame herzen klub“, auch „while my guitar gently weeps“ musste dran glauben. wer die grundvoraussetzung für ein gehöriges trash-faible mit sich brachte, wird einen heidenspaß an der sache gehabt haben. als ich ging, besung er gerade die kreuzberger frauen – eine coverversion des gebrüder-blattschuss-gassenhauers. da sang das wieder zahlreicher vertretene publikum gerne mit.
fazit:
auftakt nach maß, die reihenfolge der acts hätte ich auch genauso gewählt. obendrein noch mit so viel zuspruch vom anspruchsvollen publikum, der sicherlich ein wenig vom organisationsstress abgelenkt hat. auch schön, dass sie sich die mühe mit den festival-bändchen gemacht haben.
freitag, 19.08.2011: suicide circus
mika vainio live
legowelt live
global goon live
eod live
mixmaster morris
headnoaks
ultra deep field live
dj flush
missaw
egoshooter
krake boys
lasal vj
ab 24 uhr
15 euro
ablaufplan für drinnen
00h00-01h00: missaw
01h00-02h00: mika vainio
02h00-04h00: headnoaks
04h00-05h00: legowelt
05h00-ende: dj flush
ablaufplan für draußen
00h00-02h00: egoshooter
02h00-03h00: eod
03h00-05h00: ultra deep field
05h00-06h00: global goon
06h00-09h00: mixmaster morris
09h00-ende: krake boys
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gegen 0h15. der club war auch noch nicht geöffnet (da der sound draußen noch nicht funktionierte), aber die schlange davor bereits ansehnlich. drinnen wieder positive neuerungen: allem voran gibt’s wieder club mate in großen flaschen (kosten dafür 3,50 euro), die subs im club stehen nicht länger nur auf der rechten seite vom dj-pult, sondern sind auf beide seiten verteilt. hinter dem dj gibt’s jetzt drei lampen, die in verschiedenen farben leuchten können. draußen hat man die toiletten stark verbessert (größerer zugang, nicht mehr latent vorhandene container-atmosphäre) und vor allem den sound: im garten verrichtet jetzt eine kleine, feine anlage von kirsch audio ihre dienste. vollkommen ausreichend dimensioniert, druckvoll genug für die partygäste, ohne dabei aufstände der nachbarn zu provozieren. zu guter letzt in klanglicher hinsicht zu loben: die entscheidung für den xone:92 auch für drinnen. draußen stand der eh seit ewigkeiten.
acts:
egoshooter: aufgrund der tatsache länger mitbekommen als missaw, da ich es mir in guter gesellschaft in einem liegestuhl im garten bequem gemacht hatte. begann mit autechre und funkstörung, was an sich schon tanzbar war. aber da sich wegen der verspäteten öffnung der pforten alles um gut 20 minuten nach hinten verschoben hatte, dauerte es naturgemäß eine weile, ehe sich draußen genügend leute zum hüfteschwingen versammelt hatten. das hatte er vor der übergabe an eon allerdings geschafft, als er u.a. mit studio 1 die kölner schule anno 1996 zum besten gab.
mika vainio: ein drone-set erwartet, ein techno-set bekommen. rhythmisch zwar häufig vom sturen 4/4-schema abweichend, aber dafür sind solche festivals ja da. überhaupt nicht klinisch-steril wie seine ø-veröffentlichungen auf sähkö, stattdessen das, was man in den letzten jahren so auf raster-noton von ihm hören konnte. grandioses set.
eon: acid und melodie mit im vergleich zu egoshooter hoher bpm-zahl. kann man machen.
headnoaks: astreines electro-set, tracks mit rauherer ästhetik, auch er über konstanten 135 bpm.
ultra deep field: dj-team, bestehend aus kungfoo und adam weishaupt. beruhigten den garten nach eod erstmal wieder mit ambient, und auch die „peel session“ von autechre ward wieder zu hören.
legowelt: da erwischte mich leider ein durchhänger, was aber nicht dem set geschuldet ist. das bot nämlich schöne basslines und acid und techno sowieso. also ähnlich wie in der panorama bar im märz, nur etwas düsterer. passte super zu uhrzeit und ort.
global goon: hielt den garten mit 303-lastigen tracks ebenfalls gut bei laune.
mixmaster morris: der mann bewies mal wieder seine wandlungsfähigkeit und spielte housiges zum sonnenaufgang.
dj flush: bretterte mit herz und gewohnter auswahl, nachdem der organisatorische stress (jedenfalls für den freitag) überwunden war.
fazit:
ideale angelegenheit für diejenigen, die belege dafür suchen, dass anspruch und partytauglichkeit sich nicht ausschließen müssen. und dies auf beiden floors. mag aber auch damit zusammenhängen, dass meinem eindruck nach der großteil der besucher wusste, worauf er sich einlässt. dafür spricht auch, dass sogar extra gäste außerhalb deutschlands für das festival angereist waren. eine schönere bestätigung für ihre arbeit können die organisatoren fast gar nicht bekommen.
einziger kritikpunkt: mir war es insbesondere während des sets von dj flush im club mal wieder zu hell. dem sound hätten mehr nebel und blaues anstelle rotem licht, und vielleicht hin und wieder mal ein strobo ganz gut getan. das hängt aber damit zusammen, dass das licht – abgesehen vom vj, der irgendwann auch feierabend machte – im suicide vom nachtmanager geregelt wird, der meistens mit anderen dingen beschäftigt ist. vielleicht ergibt sich da irgendwann noch eine bessere lösung, oder ich lasse mich in die wesentlichen bedienelemente des lichtpultes einweisen. das klappt auch in der berghain-kantine mittlerweile ganz ordentlich.
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samstag, 20.08.2011: suicide circus
jimmy edgar live
bola live
redshape
bill youngman live
hubble
bleed
area boy
feelaz
transforma vj
ab 24 uhr
15 euro
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1. 00h40-02h40
area boy: auch bei ihm ist ableton live die tatwaffe, die er auch für stilistische offenheit zu nutzen weiß. dubstep, electronica, industriell geprägter techno – das alles im set auch schlüssig verpackt. komischerweise kam das typische berliner ausgehverhalten an diesem samstag zum tragen. hatte ich aufgrund meines späten aufbruchs sorgen wegen einer noch längeren schlange als am abend zuvor, sah ich gerade mal drei leute vor mir, die vom türsteher jedoch wieder heimgeschickt wurden. fielen eher in die kategorie der zufällig vorbeikommenden gäste („was läuft denn hier?“), damit zeigte sich jedoch, dass sich auch das suicide mittlerweile sein publikum aussucht.
bleed: nur am rande mitbekommen, wirkte aber stilistisch und technisch sicher. house zum einklingen eben.
bill youngman: spielte ab 2, wo sich der club schon sichtlich gefüllt hatte. sehr zwingendes (nicht gezwungenes) set im flotten tempo und interessanten rhythmen, ohne dass er die tanzbarkeit dabei aus den augen verloren hätte. so blieb es bis zum aufbruch in richtung berghain sehr kurzweilig.
2. 04h20-06h15
redshape: leider auch nur am rande mitbekommen. das ist aber auch stets ein dilemma, wenn man auf parties leute trifft. augen- und ohrenzeugen berichteten, dass er mit 132 bpm an bill angeknüpft und das tempo kontinuierlich verlangsamt hätte. ich kehrte zu einem zeitpunkt zurück, als er bei seinem gewohnten tempo um 125 bpm angekommen war. im nachhinein als überbrückung zu herrn edgar auch sehr richtig.
jimmy edgar: die tracks seines letzten albums mit pop-appeal mischten sich mit veritablen techno-tracks in acid-house-tradition. erwartet man von ihm so eigentlich nicht, fand ich aber gerade deswegen gut.
dj flush: spielte draußen nach bola chicago, daniel bell und konsorten im open-air-tempo. passte.
feelaz: jedes mal, wenn ich wieder reinschaute, lief ein anderer stil. electro zu beginn, später „kameleon“ von 2562 und ein knarzig, minimaler track von bjørn svin. habe zu wenige teile des sets im zusammenhang mitbekommen, aber vielfalt bzw. offenheit sind sowieso grundsätzlich positiv zu bewerten. vom eindruck her fügte sich das set jedenfalls schön in den krake-kanon ein.
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sonntag, 21. august 2011: chez jacki
hecq live
lars from mars live
karsten pflum live
huron live
axiom
dead fader vs. devilman live
dalglish live
badun live
sofus forsberg live
sarge grafx vj
ab 18 uhr
8 euro
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mag gegen 0h15 gewesen sein. das chez jacki ist der teil der maria, in dem vor jahren zu einer transmediale der wasted-floor untergebracht war. einrichtung und licht sympathisch spartanisch, auch wenn die lichtröhren mangels flackereigenschaften die musik nicht so akzentuieren können, wie man es von strobos her gewöhnt ist. aber die sehr guten visuals von sarge grafx haben für die nötige atmosphäre gesorgt. dem club angegliedert, aber erst kurz vor schluss entdeckt, ist die terrasse, auf der hin und wieder afterhours laufen. ein schön ausgebauter streifen zwischen club und ufer, auf dem gefühlt die hälfte der besucher platz genommen hatte.
acts:
lars from mars: stilistisch schwer zu beschreiben, aber zunächst sehr verglitcht und zum stillen genießen geeignet. die zweite hälfte überaus tanzbar, klang aber beides sehr frisch. wer sich einen eindruck verschaffen möchte, schaut bei pueblo nuevo vorbei.
hecq: dachte eigentlich, dass er live spielen würde, allerdings war’s ein ableton-set. da sind die grenzen ohnehin nicht so klar. hatte zerstörerischen dubstep erwartet, doch zunächst passte er sich an seinen vorgänger an, schaffte aber nach 20 minuten den schlenker zu seinen eigenproduktionen.
karsten pflum: wilde stilistische mixtur aus dubstep und drill&bass. bin aber wegen müdigkeit und reizüberflutung der vergangenen tage während des sets gegangen. das ist ihm in keinster weise anzulasten.
fazit:
ein abend von liebhabern für liebhaber, an dem man merkte, dass einige die woche gediegen ausklingen lassen wollten und es daher auch kein problem war, lediglich zuhörend am geschehen teilzunehmen. aufmerksam und aufgeschlossen zeigte sich das publikum, so wie man es sich organisationsseitig wahrscheinlich gewünscht hätte.
war meinem eindruck nach der beste denkbare abschluss für die woche, in der berlin (erneut) gezeigt worden ist, dass derartige festivals dem clubleben verdammt gut tun.
So’n Mist, könnt mich in den A… beißen, dass ich das nicht eher gesehen habe. Fuckparade und Krake Festival am selben Wochenende… :/
2009 habe ich die fuckparade das letzte mal besucht – die gründe dafür kannst du sogar hier nachlesen. zwar sind die forderungen des organisationskomitees auch allesamt unterstützenswert, allerdings hat deren ansatz, dass sich jeder mit halbwegs subkulturell kompatibler haltung an der parade beteiligen kann, zu einer starken verwässerung mit stellenweise mehr als fragwürdigem publikum geführt (hardstyle-wagen bspw.).
genau das, was man anders machen wollte als die loveparade (keine ausgrenzung durch horrende startgebühren bei den wagen), ist der fuckparade quasi auf die füße gefallen. auch wenn es dem ursprünglichen szeneideal widerspricht, wäre eine art „ideologieprüfung“ wahrscheinlich nicht das verkehrte mittel gewesen, ehe hinz und kunz (und dr. motte) dafür gesorgt hätten, dass das image der fuckparade mittlerweile kaum besser ist als das der großen schwester.
ich denke da lieber an die kleineren züge der jahre 2004 oder 2006 zurück. sicher waren die wagen kleiner, aber der anteil der leute mit fremdschäm-potential war deutlich geringer als in jüngster zeit.
bei der krake freue ich mich ganz besonders auf mika vainio heute abend.