je näher sie rückt, umso weniger kommt man an ihr vorbei – insbesondere an der jetzt völlig entflammten diskussion um den ausverkauf, weil man sich (nach dem ansturm des letzten jahres in meinen augen vollkommen zurecht) erstmalig dafür entschieden hat, die anzahl der tickets auf 60.000 stück zu limitieren. hatte man letztes jahr noch im april glück, eine karte bekommen zu können, war bereits dieses jahr im januar (sechs wochen nach start des vorverkaufs) alles ausverkauft. eine hintertür gibt es: wer sonntag gegen mittag ankommt, zahlt 15 euro. da der größte teil bis dahin schon gelaufen sein wird, muss es jedem überlassen sein, ob die anreise das ganze überhaupt wert ist.
eine steigende vorfreude will ich nicht verhehlen, bin aber gleichermaßen darum bemüht, die im zaum zu halten. am ende wird sich zeigen, ob die ticket-begrenzung ihren teil zu einer weiterhin entspannten atmosphäre beigetragen hat, und vor allem ob beim ticketkauf die leute am schnellsten waren, welche das gesamtprogramm zu schätzen wissen und mit denen sich eine entspannte zeit verleben lässt. den spagat würde ich als veranstalter jedenfalls nicht versuchen wollen, bin aber sehr gespannt drauf, ob der gelingt. das programm verheißt schon mal viel gutes.
review in tagebuchform (für alle, denen es nicht ausführlich genug sein kann)
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dienstag, 22. juni 2010
hat noch nichts direktes mit der fusion zu tun, sehr wohl aber mit den vorwehen. nicht mehr benötigte karten wechselten in einem bekannten lokalen board zügig ihren besitzer, womit offenbar wurde, dass die nachfrage sehr wohl ungebrochen war. dafür feierte eine leichte sommergrippe, von der ich annahm, dass sie eigentlich überstanden wäre, am montag ihr comeback. wenn auch nicht mit fiebrigen temperaturen, so doch mit nächtlichem schwitzen und nervigen gliederschmerzen. da kam die noch üppig gefüllte flasche mit dem erkältungs-badezusatz sehr recht. nochmal eine nacht schwitzen und das beste hoffen. das vermischte sich dann mit der aufregung, insgesamt also wenig schlaf – vier stunden vielleicht.
mittwoch, 23. juni 2010
rudimentäre gliederschmerzen waren noch zu spüren, aber der rest an klamotten konnte rechtzeitig zusammengepackt werden, ehe der fusion-express mich um 12h30 einsammelte. vor dem richtigen aufbruch stand jedoch der großeinkauf beim kaufland – an dessen ende stand ein ansehnlicher vorrat an fünf-minuten-terrinen, zwei twix-packungen, und die erkenntnis, dass kaufland kein club mate verkauft. da schuf der nahegelegene rewe abhilfe, allerdings auch erst, nachdem die palette vom lkw entladen worden war. vorher gab es nur die winter-edition und den ice-t. gutes timing also.
kurz nach 15 uhr also die berliner stadtgrenze passiert, und dank fritz-kola mit kaffee-geschmack waren sowohl vier stunden schlaf als auch die gliederschmerzen vergessen.
gegen 16h30 ankunft in lärz, dabei sehr schnell gemerkt, dass mittwoch der neue hauptanreisetag ist, jedenfalls standen wir im auto bereits auf der landstraße ein wenig. gepäck- und ticketkontrolle liefen noch zügig ab, die bändchenausgabe nahm jedoch etwas zeit in anspruch. dürfte gegen 17h15 gewesen sein, als wir den automaut-stand passierten.
danach die weitere schwierigkeit: wo soll man unterkommen? die nähe der oase sollte es auf alle fälle sein, doch auf höhe c6 (noch nicht freigegeben) bekamen wir schon einige bässe mit. das war der soundcheck auf dem verlegten bachstelzen-floor, der im kleinen waldstück untergebracht worden war. einerseits gut, weil man damit dem platzproblem der letzten jahre halbwegs herr geworden ist, andererseits ist es schwierig, jetzt auf dem camping-gelände noch einen wirklich ruhigen platz zu erwischen. aber als urlaub im sanatorium ist die fusion eh nicht gedacht.
zelte und pavillons standen schlussendlich in noch heißer abendsonne kurz vor 19 uhr auf b7 – 100 meter luftlinie bis zur oase, 8 minuten fußweg bis zur turmbühne. perfekte lage, um auch spontan feiern gehen zu können – nicht wie im letzten jahr, wo wir das gesamte camping-gelände ablaufen mussten.
daher fiel es mir auch nicht schwer, noch im laufe der ersten halbzeit deutschland vs. ghana einen rundgang über das gelände zu machen. aufbau der turmbühne identisch mit 2009. der ehemalige bachstelzen-floor nannte sich „klein kalkutta“, wurde aber so belassen, wie man ihn kennt. auf der tanzwiese blieben die wasserkanister zwar erhalten, jedoch wollte man kletterpartien in diesem jahr ein für allemal verhindern und hat sie als pilzartige bauten konzipiert. die alte pa der seebühne stand auch dort, es lief gerade der soundcheck.
auf dem weg richtung trance-floor brandete vom zeltplatz her jubel auf – da war gerade das 1:0 gefallen. auf dem floor selbst hing ein bisschen von der deko noch nicht, die pa war noch gar nicht aufgebaut.
müdigkeit stellte sich langsam ein, also gegen 23 uhr ab ins zelt, um bis 8 uhr früh vielleicht doch insgesamt zwei stunden schlaf abzukriegen. war einfach zu sehr damit beschäftigt, mich irgendwie warm zu halten, was dank gutem schlafsack unterhalb des halses auch super klappte, aber das hilft wenig, wenn’s an hals und schädel zieht. und viele ruhige minuten hat man wegen der in der nacht anreisenden auch nicht, wenn das zelt direkt an der straße steht, auf der immer mal wieder leute entlanglaufen.
donnerstag, 24. juni 2010
gegen 9 uhr aus dem sich erwärmenden zelt gekrochen und auf einem stuhl in der morgensonne platz genommen. deshalb wichtig, weil ich mir dadurch schon früh die fusion-bräune inklusive sonnenbrand abgeholt habe. zähneputzen an der oase, von dort aus gleich den kurier für apfelkrapfen gegeben, die einfach verdammt lecker geschmeckt und sich damit als frühstück bestens empfohlen haben.
jedoch, was macht man mit dem angebrochenen tag? wäre man wie in den jahren zuvor am donnerstag angereist, hätte man mit etwas glück einen platz recht weit hinten ergattert. mein vorhaben war eigentlich, eine schicht beim arbeitsamt zu ergattern, aber auch da fängt der frühe vogel bereits den wurm. in der früh waren jedenfalls nur noch posten als zaunwache zu vergeben, und ich habe mir glaubhaft versichern lassen, dass es wesentlich spannendere dinge zu tun gibt.
wenn es also schon shuttlebusse zu badeseen gibt, fallen alle weiteren überlegungen nicht schwer. wir erwischten den nach rechlin, wo gerade eine große anlage mit ferienwohnungen entsteht. nebeneffekt: dieses jahr lohnt es sich mit sicherheit noch nicht, seinen urlaub dort zu verbringen, es sei denn, man hat ein faible für bauarbeiten mit all den damit verbundenen geräuschen. der strand war für die anvisierte anzahl an urlaubsgästen noch zu knapp bemessen, das wasser aufgrund der algen etwas trüb und der boden im wasser irgendwie holprig. zur erfrischung taugte es allemal, allzu lange hielt es uns jedoch nicht dort, so dass wir gegen 17 uhr wieder auf dem flugplatz waren. nochmal kurz eine runde ins vorzelt gelegt, um für die erste nacht etwas zu dösen, nun kann der übergang zu den acts folgen, da das programm auf der tanzwiese bereits um 18 uhr startete.
kettenkarussell (tanzwiese, 20 bis kurz nach 21 uhr): zwei junge herren mit minimalen techno- und house-klängen und recht gemächlichem tempo um 120 bpm, was aber ideal für den einstieg ins festival war.
atari teenage riot (hangarbühne, 21h30 bis 22h30): den job von hanin elias übernimmt jetzt nic endo, die schon letztes jahr bei alec empire an den maschinen werkelte, der verstorbene carl crack wird durch cx kidtronik ersetzt. bei realistischer betrachtung eigentlich eine wiederholung des empire-sets vom roten platz letztes jahr, nur im (endlich) größeren rahmen. die antifa-fahne wurde geschwungen, leute über das publikum hinweggetragen und vor dem letzten track („revolution action“) wanderte ein absperrgitter über die arme der leute hinweg nach hinten. als nächstes sah man nur noch eine bühne voll mit menschen, das personal bei der soundbooth wusste auch nicht so recht, wie mit der situation umgegangen werden sollte. von der bühne ertönten keine verzweifelten hilfeschreie, sondern infernalische hardcore-klänge – da hatte jeder spaß am chaos. eine bessere eröffnung für das festival kann man sich nun echt nicht wünschen.
freitag, 25. juni 2010
solomun (turmbühne, 00h00-00h20): ja, richtig gelesen. steve bug hat nach mehreren jahren in folge nicht die eröffnung der turmbühne bestritten und sogar gar nicht auf der fusion gespielt. zwischen atari teenage riot und dem startschuss bestand erstmal das problem, ein überzähliges ticket loszuwerden. in dessem zuge erfahren, dass man das einfach an der botschaft abgeben könne, die dann prompt den ticketpreis zurückerstatten und wiederum spontan angereiste mit eintrittskarten versorgen. gute idee, dies. war aber nicht notwendig, nach einer halben stunde war eine käuferin gefunden. solomun an sich nicht spektakulär, war vielleicht auch zu leise dafür. in anbetracht des weiteren planes nochmal in richtung zelt für ein wenig entspannung.
duran duran duran (querfeld, 02h30-03h00): nicht ganz hardcore-tempo, aber sehr ravig.
mala (seebühne, 03h00-04h45): intro wie im berghain vor zwei jahren mit „?“ von mark pritchard, danach viele tracks aus „return to space“ und einige böse wobble-nummern aus der feder cokis. insgesamt wirkte das set auf mich ein bisschen zerfahren, aber selbst in durchschnittlicher tagesform steckt er einige noch locker in die tasche. die neue pa kam mit den tiefen dubstep-frequenzen jedenfalls weitaus besser klar als die alte, die nun auf der tanzwiese überraschend gute dienste verrichtete.
onetake (seebühne, 04h45-04h55): in leipzig eine sichere bank, was dubstep-parties und -sets angeht und daher auch auf der fusion wieder zu hören.
voltek (querfeld, 04h55-05h05): war eigentlich gemeinsam mit duran duran duran angesetzt, uneigentlich haben die beiden jedoch separate sets gespielt. auch hier wurde dubstep groß geschrieben.
marius reisser (querfeld, 05h05-05h30): knüpfte stilistisch an seinen vorgänger an, während ein festival-besucher mit seinem zauberstab umherging und tatsächlich jeden einzelnen mit einem „verzaubert“ bedachte. anschließend ein kleiner rundgang über das gelände, um zu bemerken, dass es bei jan kala (tanzwiese) und dubnitzky (turmbühne) nicht so spannend war. also zurück zu…
onetake (seebühne, 06h00-06h30): war mittlerweile bei house angekommen, passte hin und wieder harmonisch nicht, dafür geschmacklich gut zusammen. schade, dass er für vielleicht zehn tanzende spielte.
dixon (turmbühne, 06h30-09h00): kurz, klipp und klar das set des festivals. schuf an der turmbühne von anfang an eine super stimmung, wurde mit keinem einzigen track langweilig, schluss mit der kombination aus „loop“ von fuse vs lfo und adamskis „killer“. das dürfte schon alles sagen. danach wieder ins camp, um dort direkt mit luftmatratze unter den pavillon zu flüchten – in der hoffnung, wenigstens dort ein paar stunden schlaf abzubekommen. wurde irgendwie nicht so richtig was. nachdem ich geschlagene 45 minuten darauf warten musste, bis das wasser für meine fünf-minuten-terrinen am kochen war, beschloss ich, den vorrat wieder mit heim zu nehmen und mich stattdessen auf das mitgebrachte graubrot nebst goudascheiben zu verlassen. was bei permanenter sonneneinstrahlung mit im auto verstauten twix-packungen geschieht, kann sich jeder bestimmt vorstellen.
super flu (turmbühne, 21h45-23h00): nichts erwartet, mit einer bootleg-version von massive attacks „unfinished sympathy“ begrüßt und auch sonst mit recht experimentellen klängen versorgt worden. habe mich während des sets dennoch ein wenig auf dem gelände umgesehen.
octave one (turmbühne, 23h00-23h10): leider zu leise, aber wie gewohnt am headbangen.
samstag, 26, juni 2010
dendemann (roter platz, 23h30-01h00): keine chance, dort auch nur in die nähe der bühne zu kommen. es blieb – wie im letzten jahr bei alec empire – die rechte seite, auf der immer noch der turm von der 2008er-turmbühne steht. akustisch war er nebst band sowieso überall gut zu hören, dort wenigstens auch aus einiger entfernung zu sehen. kaum pausen zwischen den stücken, zog im strammen tempo sein programm durch, nicht ohne sich höflichst beim publikum zu bedanken. beinharte hiphop-anhänger werden sich wegen der jetzt rockigeren klänge etwas vor den kopf gestoßen fühlen, aber sowohl musikalisch als auch textlich-inhaltlich sollte man den herrn nach wie vor auf der rechnung haben. schön auch, dass mir ein fan nach einem kurzen dialog, in dem ich mich zwar nicht als dende-fan, wohl aber als wenigstens an hiphop interessierter outete, einen platz auf seinem stuhl anbot, um bessere sicht auf die bühne zu haben. cari lekebusch hatte ich auf der turmbühne eigentlich anvisiert, jedoch war am zweiten festival-tag eine dusche dringend geboten, nachdem man tagsüber temperaturen um die 30 grad in der prallen sonne ausgesetzt war. immerhin war zu dem zeitpunkt wieder das stromaggregat an der oase repariert, womit es freitag früh noch massive probleme gab. duschen und königliche wcs waren damit außer gefecht gesetzt, um kurz vor 2 war das gröbste beseitigt und die wartezeit hielt sich sehr in grenzen. für herrn lekebusch hat’s trotzdem nicht mehr gereicht, habe mir aber sagen lassen, dass ich damit auch nichts verpasst habe.
d-bridge vs a-sides (seebühne) / jennifer cardini (turmbühne) / herr misch (casino, alle zwischen 03h00 und 06h00): nachdem mich d-bridge auf einer sub:stance mit drum&bass irgendwie auf dem falschen fuß erwischt hatte, war ich dieses mal vorbereitet. sehr amtlich, nicht zu sehr mit sägezahn-ravesignalen überfrachtet, das alles. herr misch hat mich im casino überrascht. ist eigentlich der chill-out-hangar, jedoch spielte er in der frühe deutschen schlager der 1920er- bis 1950er-jahre, perfekt mit cuts aneinandergereiht, da kam wirklich freude auf. auch bei manch anderen, die mit dem tanzen anfingen. d-bridge und a-sides ab kurz nach 5 mit einem pop-potpourri, was mich als kind der 1980er natürlich höchst erfreute. jennifer cardini lieferte kurz vor 6 auf der turmbühne mit schönen techhouse-tracks auch gute arbeit ab.
krause duo (turmbühne, 06h00-09h00): etwas trockener beginn, weshalb ich nach einer halben stunde einen ausflug zu den bachstelzen gemacht habe, wo the sorry entertainers minimaleren house um 115 bpm spielten. angenehm voll war’s (an alter stelle zwischen cabaret- und kino-hangar wäre hingegen kein regentropfen zur erde gekommen), aber zum tanzen hat mich der soundtrack nicht animiert. war also gegen 8h zurück an der turmbühne, die beiden krauses schon gut in fahrt, da machte man trotz immer praller vom himmel scheinenden sonne gerne mit (in langen klamotten, wenn man den sonnenbrand nicht noch verschlimmern möchte – sonnencreme war wegen ihrer fettenden eigenschaften und dem damit einhergehenden duschzwang keine option). kurz vor schluss ertönte noch „darn (cold way o‘ lovin‘)“ von super_collider – ein genuss über die funktion one, die auch letztes jahr in dem setup an der turmbühne stand. danach wieder ab in richtung camp, wieder der versuch, im vorzelt ein wenig schlaf abzukriegen.
hasenscheiße (datscha, 16h00-17h30): durch „bernd“ sicherlich einigen bekannt, aber danach hörte mein vorwissen schon auf. daher eine willkommene gelegenheit, um zu hören, ob, und was die herren sonst noch auf dem kasten haben. antwort: eine ganz gehörige menge. punkrock mit größtenteils akustik-instrumenten (akustikgitarre, akkordeon, kleines schlagzeug, der bass war das einzig „konventionelle“), zweistimmig gesungen, mit musikalischem bewusstsein (inkl. hymne an den a-moll-akkord) und einer unwahrscheinlichen spielfreude. das publikum hatte spaß, die band sowieso, „bernd“ gab es (neben einer coverversion von the clashs „guns of brixton“) bei den zugaben. wer die chance hat, sie live in der nähe erleben zu können – hingehen! live viel besser als im studio.
boris werner (turmbühne, 18h45-19h15): unspektakulärer house.
swayzak (turmbühne, 19h15-20h45): nachdem nach der ersten viertelstunde keine kickdrum zu und auch sonst irgendwie unkoordniniertes etwas hören war, bin ich gegangen – in der hoffnung, irgendwo anders auf dem gelände etwas musikalisch ansprechendes zu finden. entweder war’s die ruhe vor dem samstag-abend-sturm, nur pech oder mein verkehrter anspruch – aber an den üblichen plätzen lief nichts, was mich länger als fünf minuten hätte halten können. aus lauter verzweiflung gegen 20h nochmal zur turmbühne, um erfreut festzustellen, dass die beiden herren die kurve endlich gekriegt hatten. tatsächlich acid-klänge mit passenden basslines dazu, das stimmte etwas versöhnlich.
marcus carp (turmbühne, 20h45-21h15): ohne jetzt genau rekonstruieren zu können, welche platten er gespielt hat, fand ich’s von der ersten minute an äußerst gelungen. schön groovender house.
mono & nikitaman (hangarbühne, 21h30-23h00): hatten mich bei meiner fusion-premiere anno 2008 auf dem roten platz überrascht, weil sie das publikum so derartig mitrissen, dass man als gestandener techno-recke schon neidisch werden konnte. das verhieß auf der größeren hangarbühne einiges. keine ahnung, ob es bei den beiden in den letzten jahren einen popularitätsschub gegeben hat und sich bei somit wachsender anzahl an auftritten eine gewisse routine einstellt. aber – ganz ehrlich, nikitaman – man gewinnt nicht unbedingt an authentizität, wenn man jeden gefühlten zweiten satz in richtung publikum eben mit „ganz ehrlich“ einleitet, auch wenn ich mir schon vorstellen kann, dass das meer aus feuerzeugen von der bühne aus schon toll ausgesehen haben muss. als vergleich hierzu mick jagger in der dazugehörigen simpsons-folge, wie er seinen schülern im rock-n-roll-camp beibringt, dass man – egal, in welchem kaff man auftritt – nicht müde werden darf zu betonen, dass man gerade in der heißesten stadt der welt spielt. irgendwie hatte ich das gefühl, dass nikitaman diese folge auch gesehen haben muss. dazu stellenweise texte, an denen man sich als angehender abiturient schon stören könnte: von der plakativen kritik in „digge digge“ mal abgesehen, die obligatorische weed-hymne – geschenkt, aber die laid-back-atmosphäre in „für immer“ geht einfach an der realität von mindestens 95% der arbeitenden bevölkerung vorbei. sicher, fusion ist für viele wie ferien, für die leute hinter den kulissen aber auch harte arbeit – so wie touren, komponieren, auftreten, promo für euch hin und wieder auch nervig sein können. da ist es irgendwie fehl am platze, eine bohême-utopie zu konstruieren – kann natürlich auch meinerseits gründlich fehlinterpretiert sein, und man wollte einfach etwas zur ablenkung von dem tristen arbeitsalltag beitragen. damit der kritik genug, weil unter dem strich mal wieder ein gelungenes konzert herauskam und ich in den vier tagen (ganz ehrlich) keine menge so habe mitgehen sehen wie hier. tolle bühnenpräsenz der beiden, und nikitaman ist (trotz aller kritik) hoch anzurechnen, dass er es nicht (während „schlag alarm“) bei einer fehlgeschlagenen mc-einlage bewenden lässt, sondern den fehler kommuniziert, und gleich den zweiten anlauf unternimmt, in dem dann alles sitzt.
sonntag, 27. juni 2010
felix kubin (neuland, 23h20-00h40): steht mit seinem dada-electro recht allein auf weiter flur, weshalb man ihn entweder auf entsprechend kleinen parties für kenner oder im rahmen von experimentiellen veranstaltungen wie der transmediale unterbringt. da war er am meisten überrascht, dass er im neuland mal eben vor 500 leuten spielte, von denen ihn kein einziger ausbuhte, sondern im gegenteil brav nach jedem song lautstark applaudiert wurde. zwar schade, dass der dvd-player streikte, da seine videos zu den tracks sonst hätten synchron laufen können, aber das tat seiner guten laune und dem spaß der leute keinen abbruch. zwei zugaben, zweiter musikalischer höhepunkt neben dixon.
pilocka krach (seebühne, 00h40-00h55): bin bei allem, was aus dem bar25-kontext kommt, immer etwas skeptisch, in ihrem fall jedoch zu unrecht. auf der seebühne als live-act (sie spielte montag oder dienstag nochmal als dj bei den bachstelzen), da blieben mir einige chicago-elemente in erinnerung. man merkte jedoch sehr schnell, dass es samstag abend und damit fusion-prime-time war – entsprechend voll war’s allerorten und gerade auf den floors.
joel mull (turmbühne, 01h00-01h40): nichts weltbewegendes, weshalb ich die zeit lieber essenderweise verbracht habe. mein vorrat an graubrot und gouda war bereits zur neige gegangen, und da ich eh schauen wollte, was die essensstände zu bieten haben, war die gelegenheit günstig. die wahl fiel auf frisch zubereitetes wok-gemüse mit erdnuss-soße und reis – machte fünf euro für eine verdammt sättigende portion. zurück an der turmbühne spielte herr mull zur begrüßung „losing control“ von daniel bell, hielt mich danach aber auch nicht weiter.
addison groove (querfeld, 02h00-02h30): einigen sicher auch als headhunter von tempa bekannt, hat mit „footcrab“ einen der sicheren treffer in dubstep- und techno-sets produziert und spielte eine entsprechend gerade nach vorne gehende mixtur, wo mala noch zwei nächte zuvor an der seebühne eher auf halfstep setzte. hätte ich gerne bis 4h mitgemacht, aber die kombination aus essen im magen, seit mehr oder minder zehn stunden auf den beinen und vor allem dem seit mittwoch akkumulierten schlafmangel (es dürften von dienstag bis samstag nicht wesentlich mehr als insgesamt zehn stunden zustande gekommen sein, was sich irgendwann nicht mehr mit club mate kompensieren lässt) überforderte mein hirn, die masse an eindrücken und menschen zu verarbeiten. das sandte stattdessen immer deutlichere signale, in richtung zelt zu gehen, und im gegensatz zu den nickerchen der letzten tage gab es wohltuende sechs stunden schlaf am stück.
mathias kaden (seebühne, 14h30-16h30): frisch durch apfelkrapfen von der oase gestärkt, konnte es direkt am see unter den bäumen weitergehen, da auf der tanzfläche alle schattenplätze bereits vergeben waren. hatte ich letztes jahr bei den wighnomy brothers das zwingende vermisst, machte herr kaden an der stelle und zu der zeit alles richtig. nicht zu harter, dennoch fordernder sound, als dank eine konstant gefüllte tanzfläche. war ziemlich angetan von dem herrn.
jello biafra and the guantanamo school of medicine (roter platz, 17h30-18h00): legende, klarer fall also. ja, er ist in die jahre gekommen und etwas rundlich geworden. nein, er hat es nicht verlernt, bissige kommentare zum politischen geschehen abzugeben. fand die neuen sachen musikalisch zu rockig, aber den alten dead-kennedys-kracher „california über alles“ ließ er nicht aus, kam dann auch prompt am besten an.
robosonic (tanzwiese, 18h30-21h00): pumpend, melodisch, und da mich die tanzwiese bis dahin musikalisch echt enttäuscht hatte, lieferten die beiden gute gründe, es endlich länger dort auszuhalten. nur wurde der staub nach vier tagen endgültig nervig. zwischendurch noch einen wagenburger spezial in nähe der seebühne vertilgt, ebenfalls super.
micronaut (tanzwiese, 21h00-21h15): da spielt jemand zum abschluss dort tatsächlich melodiöse electronica, da war ich echt positiv überrascht.
tim healey (palast der republik, 21h20-21h30): im alten fusion-forum mit einer menge vorschusslorbeeren bedacht, weshalb ich die tanzwiese verließ. wäre im nachhinein besser gewesen, micronaut noch weiter zuzuhören, großartige unterschiede zu dem, was auf ed banger und co. passiert, habe ich nicht raushören können.
dapayk (turmbühne, 21h40-22h00): gute, neuere minimal-schule und zum abschluss dort die goldrichtige wahl.
black cobra (tubebox, 22h20-22h45): metal, interessanterweise besteht die band aus schlagzeuger und gitarristen. hätte aber stilistisch selbst in meinen metal-zeiten (lang genug ist’s her) damit schwierigkeiten gehabt.
des wahnsinns fette beute (bachstelzen, 23h00-23h40): war eigentlich eher damit beschäftigt, den rest der gruppe zu suchen. es hatte sich aber beim publikum herumgesprochen, dass es noch weit bis über sonntag hinaus weitergehen sollte (mindestens bis mittwoch, wie wir im nachhinein erfuhren). da half auch das stark vergrößerte areal nichts, und nach zwei selbstbildnissen mit der kamera beschloss ich schnell, dass der hedonismus genügend zu seinem recht gekommen war. wie es der zufall so wollte, hatte der rest des camps wegen der fülle ohnehin schon das weite gesucht, insofern konnte der sonntag gemütlich im camp ausklingen.
montag, 28. juni 2010
aufbruch gegen 11h30, nochmal in richtung rechlin an eine andere badestelle, die wir am besten gleich donnerstag hätten in beschlag nehmen sollen. wenn noch etwas an der infrastruktur des angehenden badeortes gefeilt wird (ein paar restaurants im normalpreissegment bspw.), kann das für einige festival-teilnehmer eine ganz gute alternative für die entspannenden tage danach werden.
in berlin kamen wir daher erst gegen 18h30 an – physisch jedenfalls. mein kopf hat erst am donnerstag so richtig begriffen, dass berliner alltag herrschte, und nicht das sich-treiben-lassen, wie es für die fusion so typisch ist.
review nach operativen schwerpunkten
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musik
der aufwärtstrend bei der turmbühne hat sich fortgesetzt, oder ich hatte dort nur immer glück, die richtigen zeitpunkte abzupassen. dafür hat sich die tanzwiese leider dem minimal-konsens in den letzten jahren angepasst, anstatt wie 2009 einen kontrast zu bieten. das wurde erst sonntag mit sven dohse, robosonic und micronaut besser, dafür aber richtig. vielleicht war ich auch nur zu den falschen zeiten da.
sonst habe ich mich samstag während der flaute beim swayzak-set schon gefragt, ob ich elektronischer musik nicht überdrüssig bin – da lag allerdings der hasenscheiße-auftritt mit begeisternder band und publikum hinter mir. zwar gab’s im elektronischen bereich viel durchschnitt, aber mit dixon ein herausragendes beispiel, wie man nach 15 jahren im dj-geschäft ganz nonchalant ein göttliches set aus dem hut zaubern kann. felix kubin hat als außenseiter gezeigt, dass man abseits der pfade eine menge spaß haben kann, wenn man sich nur offen genug zeigt. addison groove / headhunter hat genau die sorte dubstep gespielt, wie sie zum höhepunkt eines festivals passt und das krause duo neben mathias kaden sich als feste größen erwiesen.
ein plus verdient die neue anlage auf der seebühne, auf der gerade dubstep endlich besser klingt, dennoch fände ich vierpunkt-beschallung dort nach wie vor besser. die alte seebühnen-pa klang auf der tanzwiese erstaunlich satt. sonst hat man sich wie in den jahren zuvor schon nicht lumpen lassen – der sound-standard ließ für meine begriffe jedenfalls nirgends höchstens wenige wünsche offen.
visuals
an der turmbühne hat sich nicht viel getan, außer dass der laser immer noch imposant ist (aus der ferne) und der turm mittlerweile feuer spucken kann, gab es led-quadrate an den pfosten, die in wechselnden farben leuchten konnten.
sonst fand ich den bereich zwischen querfeld und tanzwiese etwas mau. waren dort letztes jahr sehr abgefahrene projektionen auf dem boden zu sehen, gab es dieses jahr dort eher wenig. ein zelt, dessen plane als projektionsfläche diente, stand neben ein paar skulpturen, dabei blieben aber weite teile des areals dunkel. allerdings: besagte projektionen fanden sich neben dem eingang zum trancefloor in den bäumen wieder, die bühne auf der tanzwiese war ihrerseits auch durch einen beamer mit visuals versorgt und das waldstück hinter der tubebox war mehr als gelungen, in dem zusammenhang sollte auch eine art fackel-prozession am samstag abend erwähnt werden.
publikum
sicherlich auch für einige andere die gretchenfrage, wohin das pendel ausschlägt und was sich daraus für konsequenzen für das nächste jahr ergeben könnten.
erstmal die negativ-eindrücke: in der autoschlange beim einlass waren schon einige braungebrannte mit gegelter frisur, bei der das trend-muster an der seite und das tribal-tattoo im schulterbereich nicht fehlen durfte, zu sehen. in nähe unserer camping-stelle gab es auch in der nacht von mittwoch auf donnerstag ein paar lautstarke norddeutsche laute zu hören (jedoch danach nicht mehr), und eigentlich hätte ich mir samstag früh ein herz fassen können, die zwielichtigen gestalten im bmw auf der karl-marx-allee bei einer der anlaufstellen zu melden. zumindest der herr hinter dem lenkrad machte auf mich den eindruck, dass er neben der zuhälterei auch andere geschäftsbereiche erschließen möchte, aber da war er mit seinem koks bei mir an der falschen adresse.
abgesehen von den kleinigkeiten war ich sehr erleichtert, dass ganz normales feierpublikum beim rennen um die karten am schnellsten war. von der durchmischung her kam es mir gerade sonntag so vor, als ob man auf einem berliner open air wäre. die alten fusion-hasen hatten auch ihren anteil abbekommen, alt-punks waren bei jello biafra ebenso anzutreffen wie drum&bass-stepper bei d-bridge. ins auge fielen die jüngeren (um anfang 20), die sich aber in jeder beziehung ins festival integrierten. kam ich mit mir fremden leuten ins gespräch, war das von der freundlichkeit geprägt, die man sich für die fünf tage so wünscht. es wird sicherlich gegenbeispiele gegeben haben, aber von aggressivem potential habe ich nichts mitbekommen.
wenn man’s auf einen nenner bringen möchte: die begrenzung der tickets war definitiv ein richtiger schritt – nicht nur, um konfliktträchtige situationen angesichts eines überfüllten geländes zu vermeiden, sondern auch qualitativ. mir kam der anteil an prolligen zaungästen, die ja auch ihren spaß haben sollen, gerade an der turmbühne so gering wie noch nie vor.
organisation
einer der vorteile, die so eine ticket-limitierung mit sich bringt: man läuft nicht gefahr, wie im letzten jahr bzgl. campingplatz-vergabe improvisieren zu müssen. etwas optimierungsbedürftig ist immer noch die zufahrt zum gelände. läuft bei der kofferraumkontrolle noch alles ziemlich glatt (dank mehrerer spuren) darf man bei der bändchenvergabe warten, was daran liegt, dass diese spuren am ende zu einer zusammengelegt werden. dann wartet man wieder entsprechend lange bei der mautstelle. andererseits gibt es auf dem gelände eben nur diese eine zufahrt, und ehe bei der campingplatz-suche das völlige chaos ausbricht, weil mehrere in verschiedene richtungen wollen, bleibt die einspurige variante die einzig vernünftige. als vorschlag: kofferraum-kontrolle und trennung der acts wie gehabt als erster schritt in mehreren (bspw. fünf) spuren, danach verengung auf drei bis zur mülltüten- und guide-vergabe (wird bislang in einem schritt mit den bändchen erledigt), dann nochmal eine verengung auf zwei spuren für die bändchen, und nichts anderes. an dieser stelle sollte erwähnt werden, dass diese stellen beim arbeitsamt wohl mit am schnellsten vergeben werden, sollte man sich evtl. vor der fusion darum kümmern.
sonst war das ausgefallene strom-aggregat an der oase lange zeit ein ärgernis. warmwasser für die duschen und royale wcs waren quasi den gesamten freitag über außer gefecht gesetzt. wenn aber im offiziellen fusion-resümee die rede von einem feststromanschluss für 2011 ist, sollten derartige probleme der vergangenheit angehören.
der bringer wären natürlich noch wasserschläuche mit feinen löchern wie im berghain-garten an der turmbühne, die tatsächlich bis zum abend in der prallen sonne liegt, aber das ist aufgrund des wasservorrats auf dem gelände nur schwer machbar. abhilfe schuf da der nahegelegene shower-tower. überhaupt gab es eine vielzahl an trinkwasserspendern auf dem gelände, und das geschmacklich veredelte wasser neben turmbühne und trancefloor (für lau oder gegen freiwillge spende zu haben) war gegen die dehydrierung bei dem wetter mehr als angenehm.
fazit
musikalisch guter durchschnitt mit den bereits erwähnten ausreißern nach oben und unten, tolle lage auf dem campingplatz und somit bessere stimmung wegen des geringeren laufpensums – überhaupt dank limitierung eine wesentlich entspanntere angelegenheit als letztes jahr, tatsächlich wurde die qualität des publikums dadurch nicht geschmälert, sondern im gegenteil verstärkt. bleibt zu hoffen, dass die finanziellen probleme nicht so überhand nehmen, wodurch man preislich in regionen wie bei melt! landet. das programm bot jedenfalls die gewohnte abwechslung und wie gewohnt dutzende an unbekannten namen, und das wird man sich hoffentlich nicht nehmen lassen.
nächstes jahr also gerne wieder, dann in einer für mich vielleicht anderen rolle als der des gastes, wobei in der beziehung noch meinerseits die initiative ergriffen werden muss.
gibts noch review? musikalisch fand ich es eher dürftig aber insgesamt hatte ich viel spaß 🙂
quote:“nächstes jahr also gerne wieder, dann in einer für mich vielleicht anderen rolle als der des gastes, wobei in der beziehung noch meinerseits die initiative ergriffen werden muss.“
löblich 🙂
ich hab anscheind doch zu viel zeit an den falschen bühnen verbracht, dünkt es mir.
und wenn ich noch mal rückblickend meine erinnerungsfetzen durch gehe, muss ich dir leider rechtgeben, was deko/visuals angeht. da war die jahre vorher schon mehr zu sehen. allein dass die turmbühne die gleiche war, hat mir eigentlich gleich den spaß etwas genommen. mal gucken, was die ticketpreise nächstes jahr sagen und dann sehen wir weiter.